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Wie wär es jetzt mit Politik?

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle

Beginnen wir mit den guten Nachrichten: Die Bürger haben der Regierung die Peinlichkeit erspart, bei einer niedrigen Wahlbeteiligung auch noch ein knappes Befragungsergebnis in Sachen Bundesheer in harte Politik umsetzen zu müssen. Wozu sich SPÖ und ÖVP ja im Vorfeld der Volksbefragung ohne Not, dafür umso ausdrücklicher verpflichtet hatten. Stattdessen bestanden zumindest die Bürger diesen Reifetest direkter Demokratie, indem sie nicht nur erstaunlich zahlreich an der Abstimmung über das Bundesheer teilnahmen, sondern auch noch ein inhaltlich bemerkenswert eindeutiges Ergebnis hervorbrachten.

Beides zusammen lässt den Schluss zu, dass das Bundesheer der Bevölkerung weitaus mehr am Herzen liegt, als Generationen von Politikern nach 1955 jemals imstande waren, sich vorstellen zu können. Vielleicht lernt die gegenwärtige Politikergeneration daraus und beginnt wenigstens jetzt damit, eine Sicherheitspolitik zu entwerfen, die den Möglichkeiten der Republik und den Notwendigkeiten des beginnenden 21.Jahrhunderts entspricht. Mit ein paar Flickarbeiten an Kasernen und Ausbildungskursen wird es nach dem Ja zur Wehrpflicht nicht getan sein.  Wir warten gespannt auf die Konzepte, mit dem Entwurf für eine neue  Sicherheitsstrategie liegt immerhin ein rudimentäres Grundsatzdokument bereits vor. Noch besser wäre es, wenn sich das Parlament dazu durchringen könnte, darüber auch öffentlich zu debattieren.

Dass ausgerechnet die Beibehaltung des Zivildienstes (mit-)auschlaggebend für das Ja zur Wehrpflicht war, mag man durchaus als besondere Ironie der Geschichte werten. Das deutliche Ergebnis lässt zudem den Schluss zu, dass auch unter den Jungen keine oder wenn doch, dann eine höchst kleine Mehrheit für einen Systemwechsel vorhanden ist. Das wäre, mit einigem guten Willen, ein praktischer Anknüpfungspunkt für eine Debatte über den Wert gesellschaftlichen Engagements jenseits bloßer Steuerleistung. Und zwar, wenn es leicht geht, ohne sozialromantische Glorifizierung und frei von jeglichem ideologischen Überbau.

Politisch wird das Ergebnis nicht allzu lange nachhallen. Allenfalls kann sich die ÖVP für die Landtagswahlen in Niederösterreich und Tirol ein wenig Rückenwind erhoffen. In beiden steht  die SPÖ ohnehin auf verlorenem Posten. Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der das Thema im Oktober 2010 als Wahlkampfgag ohne Not vom Zaun gebrochen hatet, hat spätestens am Dienstag die Sache abgehakt.  Verteidigungsminister Norbert Darabos wird da deutlich länger daran zu kauen haben.  Er wird hart um einen Verbleib in der nächsten Bundesregierung nach den Wahlen kämpfen müssen.

Aber wie gesagt: Als Sieger sollte sich nach dieser Auseinandersetzung besser gar keine Partei fühlen. Die erste bundesweite Volksbefragung war für diese  kein Ruhmesblatt; dass sie nicht zum Debakel wurde, ist allein den Bürgern zu verdanken.