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TS = Total Skurril

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Der skurrile Vorgang um Monika Lindner im Team Stronach offenbart ein Defizit im Wahlsystem, das alles andere als eine Kleinigkeit ist. Die ehemalige ORF-Generaldirektorin ist zwar drei Tage nach ihrer Kandidatur zurückgetreten, steht aber rechtsverbindlich als Nummer 3 auf der Bundesliste des TS (Team Stronach).

Da derzeit anzunehmen ist, dass die Gruppierung in den Nationalrat einziehen wird, steht es Lindner dann, so das für Wahlen zuständige Innenministerium, frei, das Mandat auch anzunehmen. Sie könnte daher als wilde Abgeordnete einziehen und dort mit ihrer alten politischen Heimat, der ÖVP, mitstimmen. Und das, obwohl sie für das TS "gewählt" worden wäre.

Das stellt die politische Berechenbarkeit - ein Grundsatz demokratischer Wahlgänge - auf den Kopf und wäre wohl eine Frechheit den Wählern gegenüber. Nun darf als sicher gelten, dass Monika Lindner zu dieser Charakterlosigkeit nicht in der Lage ist, aber diese prinzipielle Möglichkeit ist schon arg genug.

Welche rechtlichen Klarstellungen es von Lindners Seite gibt, das Mandat auf gar keinen Fall anzutreten (und den Nächsten auf der TS-Liste aufrücken zu lassen), muss sie selber herausfinden - und es dann tun.

Für Stronach ist der Betriebsunfall mit Monika Lindner der bisher ärgste. Wer immer sich bisher von "Frank" angesprochen fühlte, muss sich jetzt fragen, wen beziehungsweise was zur Wahl steht. Stronach selbst als Nummer 1 wird - auch aus steuerlichen Gründen - nur eine bestimmte Anzahl von Tagen in Österreich verbringen können. Es ist auszuschließen, dass er eifrig an Ausschusssitzungen teilnehmen wird; es wäre schon ein Wunder, wenn er bei allen Plenarsitzungen des Nationalrates anwesend sein kann. Und die Nummer 3 will gar nicht mehr für TS kandidieren.

Über die Ziele und Absichten der politischen Gruppierung TS herrscht ebenfalls Verwirrung. Was "Frank" sagt und was TS in den Landtagen Kärntens, Salzburgs und Niederösterreichs beschließt, sind zwei Paar Schuhe. Eine Linie ist jedenfalls nicht zu erkennen. Das Team Stronach wird wohl trotzdem in den Nationalrat einziehen, zu groß ist mancher Ärger über die Regierung und die Schwäche der parlamentarischen Opposition. Ob die Republik davon aber profitiert, muss stark bezweifelt werden. Dazu sind die TS-Ideen zu nebulös.