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Schottlands Signal

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Selbst wenn die Abstimmung um die Unabhängigkeit Schottlands eine Mehrheit für London bringt - die Auswirkungen auf die britische Politik werden enorm sein. Wenn Schottland für die Unabhängigkeit stimmt, wird es überhaupt eine Flutwelle, die David Cameron wegspülen dürfte. Das wäre kein Fehler, denn Cameron ist ein entsetzlich schwacher Premierminister.

Seine EU-Politik ist schädlich für die britische Wirtschaft und eine Niederlage für die britische Politik. Mit seiner Ablehnung Jean-Claude Junckers als EU-Kommissionspräsident stellte er sich ins Abseits - er blieb allein. Seine "Brexit"-Attitüde (Brexit ist das Kürzel für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU) sorgt dafür, dass es immer weniger britische Beamte in Brüssel gibt, was ein Jammer ist. Und sein Wunsch, den britischen Kandidaten Jonathan Hill als "Super-Kommissar" zu installieren, schlägt wohl ebenfalls fehl. Auch sein hinhaltender Widerstand zur Bankenunion brachte wenig.

Wenn Cameron nun Schottland verlöre, bliebe ihm eigentlich nur der Rücktritt.

Da er diesen schon jetzt ablehnt, werden das seine Parteifreunde in der konservativen Partei organisieren. Cameron macht dabei schon wieder einen schweren Fehler: Wenn sich bei einem Machtkampf der Tories die Brexit-Befürworter durchsetzen, dann wird aus der "splendid isolation" eine "wrong isolation".

Für die Briten ein Desaster, für die EU ein herber Rückschlag. Selbst wenn das bürokratische Aufnahme-Ritual der EU es verhindern würde - in diesem Fall wäre eine Blitz-Mitgliedschaft Schottlands die einzig richtige Antwort.

Falls Cameron aus dem schottischen Referendum als ganz knapper Sieger hervorgeht, ist die politische Situation ähnlich verworren. Cameron wäre eine "lame duck", was ebenso zu vorgezogenen Neuwahlen führen kann.

Für Europa wäre das noch unangenehmer. Der Wettbewerb mit Wladimir Putins Eurasischer Union ist für die EU mit starken Briten leichter zu bestehen. Cameron schwächt mit seiner Schaukelpolitik das Vereinigte Königreich und Europa gleichermaßen.

Das kann der Queen eigentlich nicht egal sein, ein grundsätzliches Wort des Staatsoberhauptes wäre durchaus begrüßenswert. Kurios, dass im 21. Jahrhundert eine konstitutionelle Monarchie noch diese Macht besitzen soll. Auch das kann auf Camerons Mängelliste geschrieben werden.