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Zittert, Ihr Landeskaiser!

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Ordentlich, ja durchaus gut regiert, und trotzdem eine kräftige Niederlage. Aber die Weisheit der Wähler ist bekanntlich unergründlich. Zudem steht fest, dass auch Reinhold Mitterlehner nicht über Wasser gehen kann. In den letzten Tagen klammerte sich ja die Vorarlberger ÖVP durchaus innig an die Hoffnung, der Wechsel an der Spitze der Bundes-ÖVP könnte die absehbaren Verluste bei der Landtagswahl auf ein erträgliches Maß reduzieren. Immerhin der Absturz unter die demütigende 40-Prozent-Marke blieb Markus Wallner bei seinem ersten Antreten erspart. Sicher, auch Wallners Vorgänger, Herbert Sausgruber, verlor die Absolute bei seinem ersten Antreten anno 1999. Dennoch, die Niederlage fällt heftig aus, historisch gar.

Die ÖVP scheiterte an der Mobilisierung ihrer Wähler – in Verbindung mit der einmal mehr  gesunkenen Wahlbeteiligung eine tödliche Kombination. Das Koalitionsratespiel – geht die ÖVP mit den Blauen oder doch mit den Grünen? – wussten allein die Grünen für sich zu nutzen. Selbst hatte man keine Weichenstellung zu präsentieren, es ging ja um die "Fortsetzung des bewährten Weges".

Dankbarkeit war allerdings noch nie eine politische Kategorie. Die Volkspartei verstand es nicht zu emotionalisieren, ein großes Projekt mit ihrer Wahl zu verbinden, zumal ihre Rolle als bestimmende Kraft nicht einmal von der Konkurrenz in Frage gestellt wurde. Damit hat die Opposition den schwarzen Wählern die beste Ausrede geliefert. Entsprechend blieben viele daheim, oder wählten gleich Grüne oder Neos.

Die Grünen, und ganz besonders Spitzenkandidat Johannes Rauch, werden sich diesen Tag rot im Kalender ankreuzen: Für einmal übertraf die Partei am Wahltag ihre durchaus guten Umfragewerte. 17 Prozent, ein Plus von fast sieben Prozentpunkten, sind ein starkes Zeichen. Für einmal sorgte der Absturz einer Mehrheitspartei, egal ob SPÖ oder ÖVP, nicht für Stimmenzuwächse der FPÖ. Parteichef Heinz-Christian Strache wird sich bestärkt fühlen, dass mit einem gemäßigten, sachpolitischen Wahlkampf, wie ihn der Vorarlberger Dieter Egger geführt hat,  kein Sieg zu erringen ist. Rauchs Plan, die Wahl zur Richtungswahl zwischen Schwarz-Blau und Schwarz-Grün hochzustilisieren, ist aufgegangen; er gab seinen Funktionären und Wählern damit ein Ziel, für das es sich zu rennen lohnte.

Das überdurchschnittliche Plus verdankt die Ökopartei wohl vor allem dem von Pannen durchsetzten Wahlkampf der Neos, die weit hinter ihren Möglichkeiten und wohl auch eigenen Erwartungen geblieben sind. Mit Sabine Scheffknecht erwischte die Partei, wie schon bei der EU-Wahl, eine Spitzenkandidatin, die das Potenzial der Partei nicht nur nicht ausschöpfen konnte, sondern sogar noch reduzierte. Dennoch: Was bleibt, ist der Einzug der Neos in den Landtag. Ohne Klubstatus werden die beiden Abgeordneten dort aber herzlich wenig bewegen können.

Erwartungsgemäß hat sich auch das Drama der Vorarlberger SPÖ um ein Kapitel fortgeschrieben. Die Kanzlerpartei ist im äußersten Westen nur noch einstellig; wenigstens die ultimative Demütigung, auch noch von den Neos überholt zu werden, konnte vermieden werden. Nicht aus eigener Stärke wohlgemerkt, auch das haben die Neos ganz allein geschafft. Wer mit Zwergen wirbt . . .

Kanzler Werner Faymann bricht der Westen weg. In Tirol schaffte die SPÖ gerade noch etwas mehr als 13 Prozent. Der Niedergang der beiden einstigen Großparteien hat in Vorarlberg seine Fortsetzung gefunden. Nunmehr ist Erwin Pröll der letzte Landeskaiser mit absoluter Mehrheit. Seine Stunde schlägt 2018. Er hat also noch ein bisschen Zeit, seinen Ausnahmezustand zu zelebrieren. Manche werden das als gefährliche Drohung für die Bundesregierung auffassen.

Die ÖVP kann sich nun tatsächlich ihren künftigen Koalitionspartner aussuchen. Markus Wallner wird dafür keinen Blankoscheck von den Gremien ausgestellt bekommen, das Wahlergebnis ist danach. Die Wähler im Ländle haben deutlich gemacht, dass sie Lust auf Neues im Land haben. Das versetzt die Grünen in die Poleposition, es wäre zudem ein, wie es so schön heißt, bundespolitisches Signal. Das wäre Schwarz-Blau allerdings ebenfalls, mindestens so sehr. Eine Koalition mit den Grünen würde sich Vorarlberg als westlichstes Glied einer schwarz-grünen Kette einfügen, die derzeit von Oberösterreich über Salzburg nach Tirol reicht. Nur auf welche bundespolitischen Mehrheiten Schwarz-Grün hinauslaufen soll, ist ziemlich vage. Aus heutiger Sicht würde sich nicht einmal mit der Hereinnahme der Neos eine Mehrheit ausgehen.

Als stärkstes bundespolitisches Signal bleibt deshalb: Die Landeskaiser haben bei den Landtagswahlen im kommenden Jahr allen Grund zu zittern – in Wien Michael Häupl, in der Steiermark Franz Voves, im Burgenland Hans Niessl und in Oberösterreich Josef Pühringer. Die Wähler haben derzeit Lust auf Neues.