Zum Hauptinhalt springen

Schweizer Selbstvertrauen

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
0

Der Druck muss enorm geworden sein. Ansonsten hätte sich die Schweizer Notenbank am Donnerstag kaum zu diesem radikalen Schritt entschlossen. Die Aufgabe des Euro-Mindestkurses verlangt der Schweiz einen hohen Preis ab.

Dabei hatte die SNB gar keine andere Möglichkeit, als alle zu überrumpeln. Andeutungen im Vorhinein hätten die Devisenspekulanten angestachelt, die Belastungsgrenzen der eidgenössischen Währungshüter auszutesten. Die Entscheidung, die Bindung des Franken an den Euro ohne Vorwarnung aufzuheben, löste deshalb ein Erdbeben auf den internationalen Devisenmärkten aus. Vorübergehend sackte der Euro zum Franken um bis zu 30 Prozent ab, zum Dollar stürzte er auf das tiefste Niveau seit 2003.

Mit diesem Schritt sagt sich die Schweiz währungs- und wirtschaftspolitisch von der Eurozone los. Das ist keine geringe Entscheidung, wenn man bedenkt, dass die Eidgenossen von Euroländern umgeben sind und die Hälfte ihrer Exporte in diesen Raum liefern. Über Nacht wurde dem Tourismus - zur Freude Vorarlbergs und Tirols - und Export ein Schlag in die Magengrube versetzt. Das wird Arbeitsplätze kosten, womöglich droht sogar eine Rezession. Und teuer wird es auch für alle, die Franken-Kredite halten, aber Euro, Forint oder Zloty verdienen.

Um die Tragweite dieser Entscheidung der Schweizer Notenbank zu erfassen, muss man jedoch den Blick über die rein wirtschaftlichen Konsequenzen hinaus richten. Die Schweizer ziehen damit für sich die Konsequenz aus dem Umstand, dass die Eurozone nicht und nicht aus dem Jammertal herausfindet und sich einzig und allein auf die Europäische Zentralbank verlässt, den Karren wieder flottzumachen. Angesichts der fortgesetzten Politik des billigen Geldes von EZB-Chef Mario Draghi hat die SNB nun die Reißleine gezogen. Vor die Entscheidung gestellt, sich weiterhin an das Schicksal der Eurozone zu binden oder aber wieder zu einer eigenständigen Währungspolitik zurückzukehren, hat sich die Schweiz gegen den Euro entschieden. Die damit verbunden Härten nimmt die SNB sehenden Auges in Kauf, weil sie von der wirtschaftlichen Stärke der Schweizer Wirtschaft überzeugt ist. Das zeugt von Selbstvertrauen. In der Eurozone ist es umgekehrt. Und das sollte uns Europäern zu denken geben. Auch Draghis Arsenal an Wunderwaffen wird einmal aufgebraucht sein. Und dann wird es wirklich spannend.