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Lux und Swiss

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Griechenland müsse zu seinen Vereinbarungen stehen, daran führe kein Weg vorbei - so der offizielle EU-Stehsatz in Richtung Alexis Tsipras. Die Veröffentlichungen des internationalen Journalisten-Netzwerks IJCI zur Schweizer Tochter der Großbank HSBC erlauben es allerdings auch, diesen Satz allen zuzurufen. Denn Unterlagen der HSBC Genf gelangten schon einmal an die Öffentlichkeit: 2010, als die damalige französische Finanzministerin (und jetzige Währungsfonds-Chefin) Christine Lagarde, dem damaligen griechischen Finanzminister die Banken-Liste mit 2000 Hellas-Konten überreichte. Nun sollte man meinen, dass eine Liste möglicher Steuersünder jede Regierung interessieren würde - weit gefehlt. Da sich darauf Familienmitglieder hochrangiger sozialdemokratischer und konservativer Politiker befanden, passierte mit der Liste jahrelang nichts.

Es hätte der Troika, aber auch Berlin gut angestanden, hier auf die Vereinbarungen zu pochen. Immerhin ging es um dringend benötigte Steuereinnahmen. Nichts passierte.

Wie aber soll Griechen beigebracht werden, dass sie regelmäßig Steuern zahlen sollen, wenn ihre Elite das genaue Gegenteil vorlebt? Auch die Enthüllungen um luxemburgische, niederländische und belgische Steuersparmodelle sind wohl nicht dazu angetan, das Gürtel-enger-schnallen-Verständnis in Europas Bevölkerung zu erhöhen.

Unabhängig von der Syriza-Rhetorik sollte Europa daher seine "Fiskal-Union" neu definieren. Von einem amerikanischen Elektronikkonzern oder einem in Europa tätigen Stahlkonzern ist dieselbe Steuerdisziplin zu erwarten wie von einem griechischen Hotelier oder einem österreichischen Tischler. Vom Gros der Bevölkerung, das eine Erhöhung der Umsatzsteuer machtlos hinnehmen muss, ganz zu schweigen.

Dass es Länder wie die Schweiz gibt, die Banken-
Interessen mit jenen der Öffentlichkeit gleichsetzen, ist schlimm genug. Nichts dagegen zu unternehmen, ist aber noch ärger.

Die EU gerät mit all diesen Enthüllungen noch stärker in den Geruch, ein Eliten- und Lobbyistenprojekt zu sein, tatkräftig unterstützt von korrupten Politikern. Die Wirklichkeit ist anders, nie war eine starke EU so wichtig wie heute. Es wäre also fein, wenn die Euro-Finanzminister am Mittwoch den Steuerbetrug mit derselben Verve bekämpfen würden, wie sich die Griechen weigern, dieses Sparprogramm zu exekutieren.