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Flüchtlinge als Beispiel

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Die Flüchtlingsdebatte, die SPÖ und ÖVP nun so viele Stimmen gekostet hat, sollte von beiden Parteien besser nicht als Grund für die verheerende Niederlage vorgeschoben werden. Denn dabei ging es weniger um Flüchtlinge als um die Frage, wer was in dieser Republik entscheidet. Und es stellte sich heraus, dass Bund, Länder und Gemeinden einander formidabel gegenseitig in Schach halten können. Es passiert nix mehr.

Eine Entscheidung ist aber immer besser als keine Entscheidung, und SPÖ und ÖVP haben bei diesem Beispiel bewiesen, dass sie es nicht mehr können. Das jüngste Beispiel stammt vom Montag, dem Tag nach dem Wahl-Desaster: Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) richtete Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) aus, dass die Kaserne Bleiberg sicher nicht als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung stehen werde. Kaiser darf das, die Länder sind für die Betreuung zuständig. Kürzlich hat der Bürgermeister von Bad Gastein (ÖVP) dem Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) ausgerichtet, ein Flüchtlingsquartier im leerstehenden Mitarbeiterheim des Hoteliers Sepp Schellhorn (Neos) komme sicher nicht in Frage.

SPÖ und ÖVP (in Form von Bundes-, Landesregierungen und Bürgermeistern) signalisieren so dem Wähler, dass sie Probleme nicht mehr lösen können. Sie werden (zu Recht) dafür verantwortlich gemacht, dass die Kompetenzzahnräder der Republik verrosten. Es sollte niemanden verwundern, dass so die Hemmschwelle sinkt, die FPÖ zu wählen.

Die Regierungsparteien haben dieses Zuständigkeitsgestrüpp, das es nicht nur beim Flüchtlingsthema gibt, geschaffen und verinnerlicht. Sie stellen es nicht einmal mehr in Frage. Viele Wähler indes stellen es in Frage, besonders in Zeiten sozialer Unsicherheit. Und die Arbeitslosigkeit war noch nie so hoch wie jetzt. Wer in einem Krisenfall versagt, wird es auch im nächsten tun - so die (manchmal indifferente) Meinung vieler Wähler.

Weder SPÖ noch ÖVP sind aber derzeit in der Lage, Hoffnung zu verbreiten. Dazu gehören auch Entscheidungen. Niemand in Österreich will Flüchtlinge in Zelten unterbringen, trotzdem gibt es sie, weil SPÖ und ÖVP die Republik so organisiert haben, dass es keine Verantwortlichkeiten mehr gibt. Wer aber nicht entscheidet, dem wird die Entscheidung aus der Hand genommen. Politikern bei Wahlen, beispielsweise.