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Die Populismus-Combo

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Dem seit knapp sechs Monaten amtierenden Alexis Tsipras wurde im EU-Parlament vorgeworfen, er missbrauche das Vertrauen Europas schon zu lange. Ein kurioser Satz.

Der Chef der deutschen Sozialdemokratie wollte Griechenland aus dem Euro werfen, der Satz wurde ihm gerade noch von Parteikollegen verboten. Die Parlamentsfraktion der deutschen Union aus CDU und CSU probt den Aufstand gegen ein neues Hilfsprogramm.

Drei Beispiele mit einer gemeinsamen Basis: "Es reicht", hallt es mehrheitlich aus den Euroländern. Und die Politik reagiert.

Syriza wird Populismus vorgeworfen. Das ist erstaunlich, denn es ist gerade die deutsche Politik, die im Moment populistisch agiert. Bei Griechenland wird gerne mit falschen Zahlen argumentiert. Es war die "Süddeutsche Zeitung", die jüngst die Behauptung von CDU und "Bild"-Zeitung, die Griechen gingen mit 56 Jahren in Pension, falsifizierte. Das Pensionsantrittsalter in Griechenland liegt bei knapp über 60 Jahren, es ist sogar leicht höher als in Österreich. Die Mär vom "faulen Griechen" stimmt also nicht.

Plus: Staatsschulden und Wirtschaftsreformen eignen sich grundsätzlich nicht für populistische Konzepte. So hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den Griechen ein Investitionspaket in Höhe von 35 Milliarden Euro aus den EU-Töpfen angeboten, angeblich ohne nennenswerte Ko-Finanzierung des Landes. Darüber gab es keinen Aufschrei der "Populismus-Combo". Und doch wäre es nach deren Spielart sinnlos, öffentliches EU-Geld nach Griechenland zu schicken, wo es doch aus dem Euro austreten will.

Auch die EZB spielt ein seltsames Spiel. Es ist eine ihrer Kernaufgaben, Banken mit Liquidität zu versorgen. Genau das benötigen die griechischen Institute jetzt, doch die EZB ziert sich.

Zugegeben, es geht hier um hohe Summen, die viele verschrecken. Zugegeben, die Verwaltung des griechischen Staates ist stark verbesserungsfähig. Doch leider stimmt es halt auch, dass das Wort "Grexit" das Risiko dahinter verharmlost. Der US-Präsident hat neuerlich davor gewarnt. Wenn das Vertrauen in den Euro wankt, wird es geringere Kapitalzuflüsse nach Europa geben, die dringend benötigt werden. Populismus bringt keine Investoren, das sollte allen klar sein. Geld des ESM wäre auf alle Fälle besser angelegt als die Verluste, die ein Hilfsstopp mit sich brächte.