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Nonplusultra

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Selten zuvor haben sich Anhänger einer Partei so gefreut, dass sie mehr als vier Prozent der Stimmen verloren haben, als die SPÖ am Sonntagabend im Partyzelt nach der Wiener Wahl. Das klingt seltsam, ist es aber nicht. HC Straches Anspruch auf das Bürgermeisteramt war deutlicher abgewehrt worden als vermutet.

Erstaunlich war allerdings, dass Michael Häupl auch nach seinem Erfolg - und für ihn persönlich war die Wahl ein Erfolg - seine kämpferische Linie beibehielt. Er forderte "energisches Nachdenken" ein, ob die aktuelle sozialdemokratische Politik das "Nonplusultra" sei.

Eine rhetorische Frage, denn die österreichweiten Umfragen sehen die SPÖ derzeit deutlich hinter der FPÖ, und die Landtagswahl in Oberösterreich zeigte, wie es nicht geht. Dass dort SPÖ-Chef Reinhold Entholzer bleibt, zeugt nicht gerade von großer Fähigkeit zur Selbstkritik.

Die will die Wiener SPÖ nun zurückgewinnen, zumindest wenn es nach Häupl geht. Und in der SPÖ gibt es nun niemanden mehr, der ihm die Stirn bieten könnte. Als Erste wird wohl die Bezirksorganisation Simmering dran sein, das Sinnbild einer Selbstzufriedenheit, die Bürger an der Politik verzweifeln lässt.

Jeder soll wieder tun, wofür er bezahlt wird - so lautete die Losung am Sonntagabend. Das sind neue Töne, die einen Leistungswillen erkennen lassen, von dem sich viele politische Funktionäre, nicht nur von der SPÖ, verabschiedet haben. Häupl wird viele alte Zöpfe abschneiden müssen, und nicht alle werden applaudieren.

Ähnlich geht es am anderen Ende - auch vom Wahlausgang her - Gernot Blümel, der nun die Wiener Volkspartei wieder herrichten soll. Auch er wird von allen Funktionären Leistung verlangen müssen. Auch von Sebastian Kurz, der nach dem Wahldebakel durchaus in der parteiinternen Kritik stand. Er ist immerhin stellvertretender Parteivorsitzender in Wien, hat sich im Wiener Wahlkampf aber kaum exponiert.

Wenn also auch in der Politik Leistung plötzlich einen Wert erhält, steigt die Chance, dass auch inhaltlich was weitergeht. Denn es geht nicht darum, möglichst viele Posten für eigene Partei zu sichern, sondern es geht um gesellschaftspolitische Fragen: Wie wird Integration positiv bewerkstelligt? Wie werden Unternehmen animiert, wieder zu investieren und Jobs zu schaffen? Die Antworten darauf dürfen nicht erneut fünf Jahre dauern.