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Kampf um die Aufklärung

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs sind Christen in dieser Region besonderer Verfolgung ausgesetzt. Sie werden verschleppt, getötet - im besten Fall vertrieben. Radikale islamistische Organisationen und die Terrorbande IS wollen dem multi-religiösen Zusammenleben ein Ende setzen. Den Juden wird ja auch das Existenzrecht Israels abgesprochen. Das ist freilich schon so lange der Fall, dass sich die Welt irgendwie daran gewöhnt zu haben scheint. Ein fataler Effekt. Was der IS 2015 Christen und Jesiden angetan hat, droht auch den Juden. Es findet nur nicht statt, weil Israel bis an die Zähne bewaffnet ist. Die Ermordung eines katholischen Priesters in einer nordfranzösischen Kleinstadt ist eine weitere Botschaft an die "Ungläubigen".

Wie soll nun ein der Aufklärung verpflichtetes Europa damit umgehen? Nun, eigentlich ist das gar nicht so schwierig. Zu den wesentlichen Menschenrechten gehört die Religionsfreiheit.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass jeder, der die Religion eines anderen missachtet, gegen diese Menschenrechte verstößt.

So etwas kann natürlich nicht sanktionslos bleiben, doch diese Sanktionen sind weltlich und damit auch politisch. Um es salopp zu formulieren: Wir sprechen hier nicht vom Jüngsten Gericht, sondern von rechtsstaatlich eingerichteten Strafgerichten.

Wenn Imame Gewalttaten gegen die Angehörigen anderer Religionen gutheißen oder sogar einfordern, ist das keine Frage für einen interreligiösen Dialog, sondern für die Justiz.

Dass Bundeskanzler Christian Kern und auch lokale Politiker einen solchen Dialog mit den offiziellen Funktionären der Religionen führen, ist notwendig. Doch diese Funktionäre erreichen nicht alle. Das hat auch die jüngere europäische Geschichte, etwa in Nordirland, gezeigt. Daneben gilt - auch für alle Religionen - das Gewaltmonopol des Staates. Wer sich in Demokratien diesem nicht unterordnet, befindet sich im Kriminal.

Diese strikten Trennung wird es wohl vor allem in Europa und den USA geben, nicht jedoch überall auf der Welt. Wenn aber eine Religion dazu benutzt wird, Gesellschaften zu destabilisieren, so sind genau diese Gesellschaften grenzüberschreitend gefordert. 240 Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten müssen wir erkennen, dass um die Idee der Aufklärung gekämpft werden muss - geistig
und auch ganz profan.