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Über die Zukunft

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Wer zu wissen glaubt, welche aberwitzige Abzweigung die Geschichte nach der nächsten Abzweigung jetzt schon wieder für uns bereit hält, ist natürlich im Vorteil. Die anderen tappen schließlich völlig im Dunkeln.

Ungewissheit war für uns Menschen immer schon schwer zu ertragen, weshalb wir keine Mühen scheuen, wenigstens fundierte Vermutungen über unsere Zukunft anstellen zu können. Das begann mit Deutungen von Träumen, Vogelflügen, Eingeweiden und landete über den Umweg der Pseudo- schließlich bei den Naturwissenschaften. Deren Prognosen sind zwar auch voll von zahllosen Unsicherheiten, ermöglichen aber doch einige Wenn-dann-Vorhersagen über Klima, Demografie, Verkehr oder Konjunktur. Daran, den Lauf der Geschichte verlässlich vorherzusagen, scheitert aber auch sie.

Bleiben Historiker und Geschichtsphilosophen, die versuchen, aus dem, was war, sinnstiftende Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Wobei es hier zwei Schulen gibt: Die größere ist überzeugt, dass Geschichte entweder linear verlaufe, also Richtung oder Ziel habe (zum Beispiel Fortschritt), oder zu chaotisch sei, um irgendeine Richtung zu erkennen. Eine Minderheit ist dagegen der Auffassung, Geschichte verlaufe in wiederkehrenden Zyklen, etwa die Erzählung vom Aufstieg und Zerfall von Kulturen und großer Mächte. Wenn das stimmt, müsste man lediglich herausfinden, in welcher Phase eines Zyklus sich eine Gesellschaft gerade befindet und - voilà - die Zukunft läge einem zu Füßen.

Nach Anzeichen eines möglichen zyklischen Geschichtsverlaufs zu fahnden, ist eine spannende wie intellektuell lohnende Aufgabe, allerdings nur für Wissenschafter, nicht für Politiker.

Nun, der neue Chefstratege im Weißen Haus, Steve Bannon, ist Anhänger eines zyklischen Geschichtsverständnisses. Und er scheint sicher, dass sich die USA mitten in einer großen Krise befänden, auf die dann, nach einer reinigenden Feuertaufe, wieder eine Auferstehung zu alter Größe folge. Das sei eben der vorgezeichnete Kreislauf der Geschichte, wie er sich ungefähr alle 80 oder 90 Jahre wiederhole.

Politiker sollten nicht überzeugt sein, dass es, quasi naturgesetzlich, aufwärts oder abwärts mit ihrem Land gehe. Sie sollten Gestalter einer besseren Zukunft sein, nicht Verwalter einer vorbestimmten Achterbahnfahrt. Klingt banal, ist aber wichtig.