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Die Syrien-Lektion

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Donald Trump hat also Stärke bewiesen. Gefühlsmäßig werden ihm viele beipflichten, die Bilder sterbender Kinder vom Dienstag nach dem Giftgasangriff auf eine syrische Stadt waren so erschütternd, dass sie nach Vergeltung schrien. Doch selbst wenn dies eine einmalige Vergeltungsaktion bleibt, stellt sich nun die Frage: Und wie geht es weiter?

Der wichtigste Verbündete des syrischen Diktators Assad, Russland, hat darauf hingewiesen, über ein Luftabwehrsystem zu verfügen. Und hat die vereinbarte gegenseitige Vorwarnung vor Militärschlägen vorerst ausgesetzt. Theoretisch ist Russland also bereit, auch amerikanische Flugzeuge in Syrien abzuschießen. Das würde eine nur noch schwer beherrschbare Situation beschwören.

Nun wird Trump und seinen Gefolgsleuten (auch wenn die nach und nach aus seinen Beraterstäben rausfliegen) eine Nähe zu Russland und Putin zugeschrieben. Mit plausiblen Argumenten. Es scheint daher unlogisch, dass sich ein ernster Konflikt zwischen den beiden Mächten entspinnt. Russlands Präsident spuckt jetzt martialische Töne, aber was sollte er denn machen? Ihm geht es ja eher um den Mittelmeer-Hafen für die russische Marine an der syrischen Küste, und weniger um Assad.

US-Präsident Trump befindet sich in einer größeren Zwickmühle. Einerseits ist die Botschaft, dass der Einsatz von (noch dazu verbotenen) Waffen gegen die Zivilbevölkerung nicht ungesühnt bleibt, richtig - auch in Richtung Nordkorea gedacht.

Andererseits bleibt ihm nun nichts anderes übrig, als bei künftigen Syrien-Verhandlungen die Absetzung Assads (und dessen Überstellung an den Internationalen Gerichtshof) zu fordern. Solange Russland, das sich vom Völkerrecht offenbar vollständig verabschiedet hat, und der Iran die schützende Hand über Assad ausbreiten, bleibt Syrien ein Bürgerkriegsland. Es werden dort weiter Menschen sterben. Mit dem Militärschlag kann Trump seinen (ohnehin reichlich utopischen) Plan, in Syrien waffenfreie Zonen einzurichten, endgültig ad acta legen.

Gewinner der jetzigen Situation ist eindeutig Putin, auch wenn dessen Militär mit dem Giftgasangriff nichts zu tun hat. Eine Syrien-Lösung war ohne Russland schon vor dem US-Vergeltungsschlag nicht möglich. Nun hat Putin noch ein paar Trümpfe mehr in der Hand.