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Wie wäre es mit arbeiten?

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Was die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mit ihren Sätzen im Bierzelt (ausgerechnet!) wirklich gemeint hat, ist in den USA und Europa Gegenstand heftiger Diskussionen. Dabei ist es gar nicht so schwer: Europa kann sich auf niemanden sonst in der Welt mehr verlassen, es muss einen eigenen Weg finden.

Die USA? Unter Präsident Donald Trump ein unsicherer Geselle, manchmal sogar feindselig. Russland? Präsident Wladimir Putin versucht, die EU politisch zu destabilisieren, indem er sehr rechte Nationalisten in Europa unterstützt. China? Die Volksrepublik schottet ihren Markt so gut es geht ab und kauft alles in Europa, was mit Know-how und Infrastruktur zu tun hat. Was vor einem Jahr noch undenkbar war, erscheint heute wahrscheinlich. Eine Welt im Umbruch braucht aber ein starkes Europa mit vielen Ideen und großer Stärke (auch militärisch).

Österreich ist Teil dieses Europas und angesichts seiner Verbindungen nach Osteuropa wichtiger, als die Größe des Landes vermuten ließe. Aber was macht Österreich? Es kümmert sich um sich selbst. Ein Außenminister, der in diesen Job abgetaucht zu sein scheint und sich als ÖVP-Chef auf die von ihm vorgezogene Wahl am 15. Oktober konzentriert. Ein Bundeskanzler, der ebenso dazu schweigt wie die Oppositionsparteien.

Das Hemd könnte näher sein als der Rock, sprich: Alle bereiten sich auf die Wahl vor, und bis dahin versuchen sowohl National- als auch Ministerrat pausenlos, gute Projekte für Österreich umzusetzen. Nur: Die EU ist unser Hemd.

Es wird gerne vom effizienten Einsatz öffentlicher Mittel gesprochen. Abseits der nicht in Frage stehenden demokratischen Institutionen sei darauf hingewiesen, dass sowohl die Parlamentsabgeordneten als auch die Minister (und deren Büros) mit Steuergeld bezahlt werden.

Und dabei handelt es sich nicht um ein bedingungsloses Grundeinkommen, sondern um eine Abgeltung dafür, bis zur Abwahl für Österreich zu arbeiten. Wenn die EU vor tiefgreifenden Veränderungen steht, betrifft das auch Österreich. Wie geht es weiter mit Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik und Neutralität? Wenn sich Österreich selbst genügt, fällen die Entscheidungen in der EU andere - ein in Wien allseits erklärter Gestaltungswille sieht anders aus.

Die Abgeordneten sind bis zum 15. Oktober im Amt, die Regierung noch ein bisschen länger. Wie wäre es mit arbeiten bis dahin?