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Grenzen der Grenze

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Der Verteidigungsminister (SPÖ) lässt schweres Gerät am Brenner auffahren. Der Außenminister (und ÖVP-Chef) will "die Brenner-Grenze schützen". Der Innenminister (ÖVP) fährt am Donnerstag nach Rom zu einem Treffen, bei dem über die aus Afrika kommenden Flüchtlinge beraten wird.

Wie gut die drei abgestimmt sind, sei dahingestellt, aber sie haben ein Ziel: Der Brenner muss wieder eine Grenze werden.

Es gibt wohl kaum einen Alpenübergang, der für die EU die Bedeutungslosigkeit von nationalen Grenzen stärker symbolisiert. Grenzkontrollen am Brenner wären ein fatales Signal für die innere Stabilität der Europäischen Union.

Damit werden in Österreich keine Wahlen gewonnen, glauben alle. Lieber schließen Politiker Routen, Grenzen und Fluchtwege. Das löst zwar kein Problem, signalisiert aber Stärke.

Tatsächlich ist die bisherige Unfähigkeit der EU, eine gemeinsame Flüchtlingspolitik zu zimmern, die größte Gefahr für den inneren Zusammenhalt Europas. Und der wäre angesichts der geopolitischen Entwicklungen rund um Donald Trump und Wladimir Putin wünschenswert und wichtig.

Die EU-Kommission etwa will, dass viel mehr afrikanische Flüchtlinge in ihre Länder zurückgebracht werden, da sie ausschließlich aus wirtschaftlicher Not heraus flüchten. Die EU-Kommission sagt aber nicht dazu, dass sich dann die Außenhandelspolitik den afrikanischen Staaten gegenüber fundamental ändern müsste. Und dass es auch eine viel stärkere Wirtschaftshilfe für diese Länder geben müsste - garantiert auch von Österreich. Von den von UN-Experten immer wieder geforderten offiziellen Flucht-Korridoren nach Europa ist nichts zu sehen.

In Österreich läuft die Diskussion auf dem Niveau: Grenzen zu. Nun gibt es das legitime Interesse zu wissen, wer da kommt beziehungsweise wer bleibt. Derzeit liegen die Asylzahlen bei ungefähr der Hälfte jener des Vorjahres.

Bleibt noch die Frage, was im Ernstfall passieren wird. Bundesheer-Panzer sollen demnach aus Italien kommende Flüchtlinge aufhalten. Das ist kaum ein Konzept zu nennen.

Wenn sich also drei Minister den Kopf über den Brenner zerbrechen, wäre es noch besser, wenn sich alle drei gemeinsam auf den Weg nach Rom machten, und auch nach Brüssel. Um mit Nachdruck und medialer Unterstützung eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik zu skizzieren, an der am Ende eh kein Weg vorbeiführt.