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Die Natur der FPÖ

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Es wird nicht mehr so sein wie im Februar 2000, darin sind sich die Auguren einig. Aber irgendwie anders wird es auf jeden Fall bleiben, wenn die nun eingeleiteten Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ abgeschlossen sind. Nur zur Erinnerung: Damals zwangen oberirdische Proteste die erste schwarz-blaue Regierung zum unterirdischen Gang in die Hofburg, und die EU-Staaten verhängten Sanktionen.

Und alles wegen der FPÖ. Seit die Partei zum Kampf gegen das System aufruft, das Ende der Zweiten Republik predigt und dabei wenig Hemmungen hat, zur Jagd auf alte und neue Feindbilder zu blasen, setzen ihre Gegner den Kampf gegen die FPÖ mit der Rettung der Demokratie gleich. Für sie grenzt schon die Wahl der FPÖ an einen Akt gegen die Demokratie.

Das kann man als Propaganda abtun oder für die Wahrheit halten. Vorschub für diese Verunsicherung leistet auch die vage Natur der FPÖ. Was die Partei wirklich will, ist bis heute Gegenstand wilder Spekulationen. Und diese kommen so unterschiedlich daher, als ob es sich um zwei Parteien handelte. Wenn schon nicht die Rhetorik, so zeigt immerhin das Handeln der FPÖ: Überall, wo sie bisher Verantwortung getragen hat, bewegte sich die Partei im Rahmen der Verfassung. Keine Spur vom Sturm auf das System. Womöglich ist die FPÖ also nur eine Partei der Großsprecher.

Die Frage nach der Natur der FPÖ treibt trotzdem die halbe Republik um: Ist die FPÖ eine wahrhaft revolutionäre Kraft, eine Partei, die die Zweite Republik aus den Angeln heben und das Bestehende durch etwas ganz Neues ersetzen will? Und falls ja, wie sieht dieses Neue nach dem Willen der FPÖ aus? Wie steht es mit ihrem Verhältnis zum Rechtsextremismus und der Neuen Rechten? Oder sind die Freiheitlichen doch eher eine mittlerweile recht normale Protestbewegung, die sich die Schwächen des Systems zunutze macht und von den Fehlern der traditionellen Parteien profitiert?

Anhand der Antworten auf diese Fragen lässt sich verlässlich der Grenzverlauf des politischen Grabenkampfs im Land nachzeichnen. Die Wahlkämpfe um die Hofburg 2016 und die Nationalratswahlen 2017 sind dafür nur die jüngsten Belege in einer langen Beweiskette. Und einige Antworten mehr werden wir in den kommenden Jahren sammeln. Ein paar Klarstellungen vorher wären allerdings auch hilfreich.