Zum Hauptinhalt springen

Recht kennt keine Perfektion

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
0

Wir sind, als Gesellschaft gesprochen, auf dem Holzweg: Weil wir jedwede Möglichkeit des Missbrauchs, jede Einfallstür von Korruption und Freunderlwirtschaft ausschließen wollen, laufen wir Gefahr, die Res Publica, die öffentlichen Angelegenheiten, als verbrannte Erde im wörtlichen Sinn zu hinterlassen.

Politiker sollten Menschen sein, die gestalten, verändern wollen. Zum Besseren hoffentlich, auch wenn es dafür keine Definition gibt, der alle zustimmen. Kraft ihrer Persönlichkeit und Überzeugungskunst sind sie das Gesicht ihrer Ideen und werben für ihre Projekte. Das funktioniert in einem Dorf nicht anders als in einer Millionenstadt, in einem Bundesland genauso wie in einem Staat oder auf EU-Ebene.

Weil diese Allzuständigkeit von Politikern verlässlich in einen Sumpf führt, in dem Missbrauch und Willkür blühen, wurden eine Vielzahl an rechtlichen Normen eingeführt, die genau das verhindern sollen.

Es gibt dabei nur ein Problem: Recht kennt keine Perfektion. Wenn auf jede Norm eine noch genauere folgt, um auch wirklich jedes Schlupfloch zu schließen, dann kommt am Ende keine perfekte Lösung heraus, sondern ein Dschungel, den niemand mehr durchschaut und der jedes Handeln unmöglich macht. In der Politik, in der Wirtschaft, im Alltag.

Das ist der grundsätzliche Aspekt der Causa um Christoph Chorherr. Gegen den Planungssprecher der Wiener Grünen, der einen karitativen Verein für Schulen in Südafrika betreibt, gibt es Vorwürfe der Intransparenz und Unvereinbarkeit, weil einige Spender auch in der Wiener Immobilienszene aktiv sind.

Chorherr ist, das muss man wissen, ein hemdsärmeliger Typ; einer, der Ideen umsetzen will, und keiner, der nach Gründen sucht, es nicht zu tun. Er selbst beteuert, dass es kein Fehlverhalten gegeben habe. Die Kritiker argumentieren mit der prinzipiellen Unvereinbarkeit von Chorherrs beruflicher Tätigkeit und seinem Engagement als karitativer Spendensammler.

Dabei stellen sich zwei Fragen. Die erste richtet sich an die Bürger und lautet: Brauchen wir Politiker, die Ideen haben und diese auch umsetzen wollen, oder reicht es, wenn die Politiker beim Verwalten nur keine Fehler machen?

Die zweite Frage richtet sich an die Grünen: Wie würde die Partei agieren, wenn die Vorwürfe einen ÖVP- oder FPÖ-Politiker beträfen?