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Trump im Skandal-Sumpf

Von Thomas Seifert

Leitartikel
Thomas Seifert.

"Denk ich an Amerika in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht" - die ersten zwei Zeilen von Heinrich Heines "Nachtgedanken" etwas abgewandelt (im Original geht es um Deutschland) sind eine völlig korrekte Zustandsbeschreibung, wie die meisten US-Bürger derzeit ihr Land sehen. Fast zwei Drittel fühlen Stress, wenn sie an die Zukunft der Nation denken. Bei einer Umfrage der American Psychological Association gaben 59 Prozent der 3400 Befragten an, dass die Gegenwart der düsterste Zeitabschnitt der Geschichte der USA sei, an den sie sich erinnern könnten.

In der Umfrage ging es nicht um US-Präsident Donald Trump. Man kann aber davon ausgehen, dass die Tatsache, dass dieser übellaunige, moralbefreite und schlichte Charakter, der auf der noblen Adresse 1600 Pennsylvania Avenue in Washington, D.C. residiert, einen Beitrag zum pessimistischen Ausblick der US-Bürger auf die Zukunft ihres Landes leistet. Denn Trump versinkt langsam, aber sicher tiefer und tiefer im Morast der sogenannten Russland-Affäre. Die jüngsten Enthüllungen haben zutage gefördert, dass Mitarbeiter aus Trumps engstem Wahlkampfzirkel sich vor den US-Präsidentenwahlen mit Gefolgsleuten des russischen Präsidenten Wladimir Putin getroffen haben.

Der Sonderermittler und frühere FBI-Chef Robert S. Mueller kommt bei seinen Recherchen Trump gefährlich nahe. Denn was wusste er über die dubiosen Kontakte zwischen seinen Leuten und russischen Agenten? Schon wird gemunkelt, dass Trump die Notbremse ziehen und Mueller - wie im Mai FBI-Chef James Comey - einfach feuern könnte. Oder Trump könnte jenen Ex-Mitarbeitern seines Teams, die im Fadenkreuz des FBI stehen, Begnadigungen in Aussicht stellen, um sie so für Druck von Seiten der Ermittler zu immunisieren und dadurch zu verhindern, dass sie - wie Außenpolitikberater George Papadopoulos - belastende Aussagen machen.

Trumps Kommunikationsstrategie: Vernebelung (Hillary Clinton als wahre Täterin) und Ablenkung (neue Einreiseverbote nach dem Anschlag in New York). Der kluge Polit-Analyst Brian Klaas hat sein jüngstes Buch über Trump mit dem Titel "The Despot’s Apprentice: Donald Trump’s Attack on Democracy - Der Despoten-Lehrling: Donald Trumps Angriff auf die Demokratie" versehen. Ein treffender Titel. Denk ich an Amerika in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht.