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Die Folgen des 8. November

Von Thomas Seifert

Leitartikel
Thomas Seifert.

8. November 2016: Die Bürgerinnen und Bürger der USA schreiten zum 58. Mal zu den Urnen, um einen Präsidenten (und damals schien es, erstmals eine Präsidentin - nämlich Hillary Clinton) zu wählen. Doch die Wahlen endeten mit einem Knalleffekt: Auch wenn Clinton mit 48,2 Prozent mehr Stimmen als der republikanische Kandidat Donald Trump (46,1 Prozent) auf sich vereinen konnte, sollte der 45. Präsident der Vereinigten Staaten Donald Trump heißen.

Die Welt war geschockt, während die politischen Machteliten in Jerusalem und Moskau jubelten. In Europa gab es im Kommentariat nur sehr vereinzelte politische Wirrköpfe, die angesichts des Sieges des New Yorker Immobilien-Hais Trump "mit geballter Faust durchs Büro tanzten", wie "Weltwoche"-Chefredakteur Roger Köppel, jener intellektuell jenseits von gut und böse angesiedelte publizistische Lakai des Schweizer Rechtsaußen-Oligarchen Christoph Blocher.

Doch nun, ein Jahr nach der Wahl Trumps, erkennen auch jene Pessimisten, die gemeint haben, schlimmer könne es nicht kommen: Doch, das geht. Trump, jener Mann, der "Make America Great Again" auf seine rote Baseballkappe drucken ließ, hat es geschafft, die USA als korrupt, unzuverlässig und machtlos erscheinen zu lassen.

Trump ist zum Symbol des Niedergangs der USA geworden, ein Emblem der Dekadenz des amerikanischen politischen Systems. So ist Trumps Tweetokratie für jeden aufrechten, an einer vitalen Demokratie interessierten US-Bürger eine Peinlichkeit. Mit seinen hirnlosen Kurznachrichten lässt der US-Präsident sogar einen Antidemokraten wie Wladimir Putin als respektablen Staatsmann erscheinen. "Amerikas Führungsanspruch wird auf Dauer hohl, wenn er seiner moralischen Komponente beraubt wird", schrieb Roger Cohen, Autor und Kolumnist der "New York Times", jüngst im "Spiegel".

Dieser Führungsanspruch wird in den nächsten Monaten weiter leiden: Die Nachforschungen des Sonderermittlers Robert Muellers zu möglichen Absprachen zwischen dem Kreml und Trumps Wahlkampfteam kommen dem Präsidenten immer näher. Schon kursieren Spekulationen, dass Trump die Hauptverdächtigen einfach begnadigen könnte, damit sie nicht aussagen. Oder aber er zettelt als Ablenkungsmanöver einen Krieg an. Na, tanzt heute noch jemand vor Freude mit geballten Fäusten durchs Büro?