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Die Saat der Hetzer

Von Martyna Czarnowska

Leitartikel
Martyna Czarnowska

Woche für Woche werden neue entdeckt. Die Massengräber, die die Terrormiliz "Islamischer Staat" im Irak hinterlassen hat, zeugen von der Gewalt. Die Barbarei, für die Religion als Herrschaftsinstrument missbraucht wird, wird in Europa verurteilt. Doch auch hier gab es sie - und auch hier zeugen Massengräber von ihr. Das Urteil gegen den Ex-Armeeführer der bosnischen Serben, Ratko Mladic, erinnert daran.

In Bosnien-Herzegowina werden bis heute immer wieder Menschenknochen im Boden entdeckt. Nicht nur rund um Srebrenica. Verbrechen wurden auch an anderen Orten begangen. Ein Anklagepunkt im Prozess gegen Mladic in Den Haag betraf denn auch Völkermord in weiteren sechs bosnischen Gemeinden. Er wurde aber nicht bestätigt.

Es war jedoch nicht islamischer Terror, der Teile des ehemaligen Jugoslawien überzog. Vielmehr war es nicht zuletzt Feindlichkeit gegenüber Muslimen. Es waren rassistische Motive, die dazu führten, dass Bosniaken, bosnische Muslime, ins Visier gerieten. Dass ebenso Kroaten gegen Serben, also Christen gegen Christen, kämpften, ändert nichts daran.

Die Wunden schließen wird auch die Verurteilung Mladics zu lebenslanger Haft nicht sofort. Zum einen hätte der Ex-General schon seit mehr als zwanzig Jahren im Gefängnis sitzen müssen. Zum anderen kann der Schaden, den nationalistische Hetzer wie er angerichtet haben, nicht schnell behoben werden.

Noch immer werden in Bosnien-Herzegowina Menschen vermisst. Einer Aufarbeitung harren die als Kriegsmittel eingesetzten Massenvergewaltigungen von Frauen, die in Lagern festgehalten wurden und Kinder zur Welt bringen mussten, die so manche von ihnen nicht aufziehen konnte. Bosnien-Herzegowina ist ein zerrissenes Land, und ein Riss geht durch seine Hauptstadt Sarajevo. Auch dort verläuft nämlich die Grenze zur Republika Srpska, einer Teilrepublik des zersplitterten Staates, wo Mladic einigen ein Kriegsheld und kein Kriegsverbrecher ist. Und wo es sogar Serben gibt, die sich weigern, ins Stadtzentrum zu fahren - weil dort doch angeblich nur Muslime leben.

Diese künstlichen Teilungen geschaffen und Hass gesät zu haben, gehört ebenfalls zu den Verbrechen Mladics und anderer Ultranationalisten. Dafür aber, eine ganze Region für Jahrzehnte vergiftet zu haben, wurden diese nicht verurteilt.