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Bayrisches Versuchslabor

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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In den kommenden zehn Monaten wird die politisch interessierte Hälfte Europas mit Spannung nach Süddeutschland blicken. Im Herbst 2018 versucht die womöglich letzte wirklich konservative Volkspartei in Europa, die diesem Namen auch in Sachen Wählerzustimmung gerecht wird, einmal mehr das in unserer Zeit eigentlich Unmögliche zu schaffen: eine absolute Mehrheit der Wähler auf sich zu vereinen.

Die Rede ist von Bayerns CSU, die derzeit noch bei 48 Prozent der Stimmen und einer deutlichen absoluten Mehrheit der Mandate im Münchner Landtag hält. Bei der Bundestagswahl Ende September sackte die machtverwöhnte Partei auf nur mehr 39 Prozent ab. Diese Ohrfeige hat nun zu einem Machtwechsel geführt: Ein Neuer, Markus Söder, soll es im Herbst richten.

Söder polarisiert, er hat Ecken wie Kanten und teilt das Land über die Grenzen Bayerns hinaus in Gegner und Anhänger. Das ist einerseits unvermeidlich für einen, der ganz nach oben will, und das noch dazu in Zeiten, in denen völlige Verwirrung darüber herrscht, für welche Themen und Positionen eine konservative Volkspartei überhaupt stehen soll. Andererseits hängt der Erfolg einer solchen Bewegung an der Fähigkeit ihres Spitzenpersonals, die sozialen und politischen Widersprüche, die ja weiterhin bestehen, zu integrieren. Ob Söder das Zeug dazu hat, wird sich am Wahlabend weisen.

Den Weg müssen Parteien wie die CSU aus eigener Kraft finden. Das Kunststück besteht darin, den neuen rabiaten Herausforderer an der rechten Flanke, die AfD, wieder aus der Arena zu drängen, ohne die politische Mitte preiszugeben. Das ist allerdings ein Ding der Unmöglichkeit, solange die Zulässigkeit konservativer Überzeugungen gleich rechts der Mitte endet. Jede Volkspartei, egal ob links oder rechts, lebt davon, dass sie auch die Ränder integriert und damit zugleich an das Zentrum bindet.

Von daher wird sich im Herbst 2018 zeigen, ob die CSU ein Rezept gegen die irrlichternde AfD entwickeln kann, oder ob diese Partei vielmehr weiter Terrain rechts der Mitte auf Kosten der Volkspartei erobern kann. Um dies zu verhindern, bedarf es eines klaren sozial-konservativen Profils, das nicht nur Ängste anspricht, sondern auch Lösungen liefert.

In Bayern findet also ein wegweisender Versuch statt, der weit über die Landesgrenzen Beachtung finden wird. Nicht zuletzt auch in Wien.