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Eine Mahnung für alle Seiten

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Der Unterschied zum Februar des Jahres 2000 hätte nicht deutlicher ausfallen können. Fast
18 Jahre später erfolgte die zweite Angelobung einer Koalition aus ÖVP und FPÖ in geradezu amikaler Atmosphäre. Und das unter der Regie eines ehemaligen Grünen, der heute als Bundespräsident in der Hofburg residiert. Dass trotzdem Tausende gegen die neue Koalition demonstriert und protestiert haben, ist nicht nur kein Widerspruch, sondern eine Bestätigung dieser neuen Wirklichkeit.

Wer mit Ablehnung, politischer wie persönlicher, nicht umzugehen weiß, sollte sich besser nicht in der Politik engagieren. Dass negative Emotionen verlässlich stärkeren Zulauf auslösen als positive, gehört bedauerlicherweise zu den Gesetzmäßigkeiten unserer Zeit.

Fast nebenbei hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Amtsantritt der neuen Regierung dazu genutzt, sein eigenes Amt ein Stück weiterzuentwickeln. Statt sich auf die bisher geübte Tradition eines Staatsnotars zu beschränken, der seine Meinung lediglich über sein Mienenspiel kommuniziert, hielt er eine kleine Grundsatzansprache vor der neuen Regierungsmannschaft. Und, fast noch wichtiger: Er tat dies in einem so bedächtigen wie wohlgesonnenen Tonfall, der nicht nur die Rede, sondern die gesamte Angelobung kennzeichnete.

Die Botschaft des Bundespräsidenten lautete dabei: Diese - so wie jede - Regierung möge an ihrer Politik und ihren Taten gemessen werden. Das ist so selbstverständlich, dass es schon wieder banal ist. Allerdings ist auch im Österreich des Jahres 2017 nicht alles selbstverständlich, das es längst sein sollte.

Die FPÖ hat sich das Misstrauen, das ihr von Kritikern entgegenschlägt, durch eigenes Zutun redlich erarbeitet. Es ist an den Freiheitlichen selbst, diese Vorbehalte dort, wo sie politische Substanz haben, durch Worte und Taten zu widerlegen. Daran wird sich nicht zuletzt die gesamte Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz messen lassen müssen.

Die Mahnung Van der Bellens, die eigenen Worte achtsam und verantwortungsvoll zu wählen, gilt aber nicht nur für diese Koalition, sondern auch für ihre Gegner. Wenn jede unliebsame Maßnahme als faschistisch gebrandmarkt wird, dann besteht die Gefahr, dass ein wirklicher Faschist nicht mehr erkannt wird, wenn er dann tatsächlich wieder vor der Tür stehen sollte.