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Wünsche ans Christkind

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Es gibt wenige Dinge, die in einer säkularisierten Gesellschaft schwerer fallen als das öffentliche Reden über die Religion und den Glauben. An Festtagen wie etwa nun anlässlich von Weihnachten ist dieses Unbehagen besonders spürbar. Ausgenommen davon sind allenfalls die paar Einzelnen, die von Berufs wegen über die Rolle Gottes in der Welt sprechen.

Das mag damit zusammenhängen, dass die meisten öffentlichen Redner (und Schreiber) sich als Avantgarde dieser säkularen Welt verstehen. Das ist eine Frage der Kultur, keine der Entwicklung, und wer das nicht glauben will, kann zu den USA hinüberblicken, wo das öffentliche Reden über die persönliche Beziehung zu Gott nicht nur normal ist, sondern auch erwartet wird. Aber weder die eine noch die andere Variante macht einen zu einem besseren Menschen.

Man muss kein Zyniker sein, um die Debatte über den Islam als Ursache dafür zu sehen, dass Europa wieder über die Rolle seiner christlich-jüdischen Wurzeln diskutiert. Dialektiker kommen zum selben Schluss. Wobei schon die Wortkombination "christlich-jüdisch" eine Reaktion darstellt. Die meisten Theologen haben das Christentum trotz des Alten Testaments nie als jüdisch verstanden. Aber das nur nebenbei.

Das Nachdenken über die Religion hat uns in einen neuen Kulturkampf geführt, und das gleich doppelt, nämlich in einen echten und einen inszenierten, der aber dafür um nichts weniger leidenschaftlich ausgetragen wird. Der echte Kulturkampf richtet sich im Kern gegen jede Form des fundamentalistisch Religiösen und eben besonders gegen eine solche Interpretation des Islam; der inszenierte benutzt den echten Kulturkampf, um in seinem Windschatten billige politische Punkte zu sammeln, etwa wenn um angebliche Verbote religiöser Feste in Kindergärten ein großes Geschrei veranstaltet wird.

Womöglich sind das nur Nebenwirkungen, bis wir gelernt haben, als multireligiöse Gesellschaft in einem säkularen Staat zusammenzuleben. Vielleicht entwickeln auch die Muslime, die hier leben wollen, eine weitgehend entpolitisierte Form des Islam, wie es die christlichen Österreicher vorexerziert haben.

Vielleicht, sicher ist das nicht. Aber wünschen wird man ja noch dürfen, vor allem zu Weihnachten. Da gelten die "Wünsche ans Christkind" für einmal nicht als Synonym für Hoffnungen, die man sich besser gleich in die Haare schmiert.