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Das wollte Trump nicht

Von Michael Schmölzer

Leitartikel
Michael Schmölzer ist Außenpolitik-Redakteur der "Wiener Zeitung".

Als hätten die Menschen in Syrien nach sieben Jahren Bürgerkrieg nicht schon genug gelitten: Jetzt hat die Türkei im Norden des Landes eine neue Front eröffnet und zieht gegen die Kurdenmiliz YPG zu Felde - in der Luft und auf dem Boden. Wieder sterben Zivilisten, wieder handelt es sich um ein militärisches Abenteuer, dessen Ausgang ungewiss ist. Für die Syrien-Friedensgespräche, die diese Woche in Wien starten, bedeutet das jedenfalls nichts Gutes.

Die Führung in Ankara hat vor, sich dauerhaft in der Grenzregion festzusetzen. Damit drohen auch der türkischen Armee Verluste. Immerhin sind die Kämpfer der kurdischen YPG erfahren, sie haben den IS in der Region geschlagen.

Der Angriff zeigt aber auch, was geschieht, wenn der türkische Präsident und nationalistische Eiferer Recep Tayyip Erdogan und die völlig undurchdachte Außenpolitik des US-Präsidenten Donald Trump aufeinandertreffen. Denn der Auslöser für den türkischen Waffengang war die Ankündigung der USA, eine 30.000 Mann starke kurdisch dominierte Truppe an der türkisch-syrischen Grenze etablieren zu wollen. Ein wahnwitziger Vorschlag, wenn man bedenkt, dass die Türkei mit der kurdischen PKK seit langem in einen blutigen Kampf verstrickt ist. Und die YPG-Kämpfer sind für Ankara nichts anderes als der verlängerte Arm der PKK.

Trump hat einmal mehr bewiesen, dass er über keinerlei außenpolitischen Instinkt verfügt. Das Weiße Haus kann nicht wollen, dass einander in Syrien nun zwei US-Verbündete - das Nato-Land Türkei und die Kurden der YPG - bis aufs Blut bekämpfen. Das bedeutet eine erneute Schwächung der US-Position in Syrien.

Das militärische Eingreifen der Türkei in Syrien ist für Ankara allerdings innenpolitisch extrem gefährlich. Es ist davon auszugehen, dass sich die PKK für die Angriffe auf die kurdischen Waffenbrüder in Syrien rächt, mit Anschlägen und Unruhe wird gerechnet. Dass Erdogan Solidaritätskundgebungen für Syriens Kurden in der Türkei mit eiserner Faust niederschlagen will, trägt nicht zur Entspannung der Lage bei.

Es ist fast unvorstellbar, dass es gerade Erdogan war, der noch vor einigen Jahren Schritte der Versöhnung unternahm und das Kurden-Problem friedlich lösen wollte. Doch das ist Vergangenheit, der Krieg in Syrien und die zunehmend autoritäre Amtsführung Erdogans heizen das alte Problem wieder gefährlich an.