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Blaue Worte und Taten

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

Der Faschingsdienstag stand innenpolitisch ganz im Zeichen der FPÖ. Am Vormittag gab die Partei den Startschuss für jene Historikerkommission, die sich selbstkritisch mit den dunklen Seiten der eigenen Geschichte befassen will. Und weil diese Vergangenheit noch in der Gegenwart wirkt, veröffentlichte die FPÖ gleich eine politische Grundsatzerklärung dazu.

In dieser bekennt sich die Neo-Regierungspartei zur Republik Österreich, zur Demokratie, zum Parlamentarismus, zur Rechtsstaatlichkeit und zu Europa. Hinzu kommt eine Absage an Gewalt, Totalitarismus, Antisemitismus und jegliche Verharmlosung nationalsozialistischen Gedankenguts.

Doch die Schlagzeilen über den parteiinternen Nachdenkprozess waren Parteichef Heinz-Christian Strache offensichtlich nicht genug. Noch in der Nacht von Rosenmontag auf Faschingsdienstag, also am traditionellen Höhepunkt des närrischen Treibens, trieb der Vizekanzler der Republik das blaue Kesseltreiben gegen den öffentlich-rechtlichen ORF auf zuvor unbekannte Spitzen. Obwohl man richtigerweise von einem ungeahnten Tiefpunkt sprechen muss.

In Form eines als "Satire" gekennzeichneten Postings unterstellt Strache dem ORF in Wort und "ZiB 2"-Anchorman Armin Wolf in Bild, Lügen als Nachrichten zu verbreiten. Einfach so. Ganz pauschal. Ohne jede Differenzierung. Das ist, man muss es so formulieren, dem Amt eines Vizekanzlers der Republik nicht angemessen.

Natürlich sind Medien nicht unantastbar; weder als Gesamtheit noch in ihrer individuellen Erscheinungsweise. Es ist der Umstand ihrer Freiheit, der die Notwendigkeit von Kritik bedingt. Das haben Medien im Übrigen mit Parteien gemeinsam.

Davon abgesehen verbindet Medien wie Parteien noch eine weitere Besonderheit: Die Demokratie kann, unter den Bedingungen unserer Gegenwart, nicht ohne sie.

Die FPÖ ist nicht die erste Partei, die sich einzelne Medien und Journalisten zu Feindobjekten erkoren hat. Und sie wird mit Sicherheit auch nicht die letzte sein. Was die Situation aktuell so brisant macht, ist der Umstand einer tiefen Vertrauenskrise zwischen den Vertretern des etablierten politischen Systems, zu dem auch die meisten Medien gezählt werden, und jenem Teil der Bürger, die sich von diesem System nicht länger repräsentiert fühlen.

Mit ihren Attacken auf die Medien will die FPÖ bei diesen Menschen politisch billige Punkte sammeln. Dass sie darob das größere Ganze gefährdet, nimmt sie offensichtlich billigend in Kauf. Das ist der eigentliche Kern des Problems. Auch und gerade für die Kanzlerpartei ÖVP. Daran ändern auch wohlfeile blaue Grundsatzerklärungen wenig.