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Zu wichtig für Taktik

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

Es ist eine grob vernachlässigte Kunst in der hiesigen wie der allgemeinen Politik, Entscheidungen nicht nur zu treffen, sondern auch bis zu einem möglicherweise bitteren Schluss zu Ende zu denken. Berühmte Beispiele hierfür gibt es zuhauf.

Die FPÖ ist nicht die erste Partei, die diese Erfahrung macht. Den Grundstein dazu hat sie noch zu Oppositionszeiten gelegt, als Versprechen billig zu geben waren. Der freiheitliche Umgang mit dem Nichtraucherschutzgesetz ist ein Musterbeispiel dafür; und das Eintreten der FPÖ für eine Stärkung der direkten Demokratie könnte jetzt zur selbst gebauten Falle werden, wenn die blauen Pläne für eine Aufhebung des Rauchverbots in der Gastronomie einer bindenden Volksabstimmung unterzogen werden. In Bayern hat genau das zum Beschluss eines rigorosen Rauchverbots in Lokalen geführt.

Es bedarf viel Selbstdisziplin, Entscheidungen bis hin zum "worst case" im Kopf durchzuspielen. Lieber malen wir uns ein wunschgerechtes Ergebnis in bunten Farben aus. Das ist menschlich so verständlich, wie es im Leben fatal sein kann. Und deshalb ist in der Politik auch jede Partei gefährdet, dieser Versuchung zu erliegen. Manche allerdings mehr als andere, und das ist keine Frage des Standpunkts, sondern des Standorts.

Dass am Anfang stets das Wort steht, stimmt für keinen Bereich so sehr wie für den politischen. Wenn Parteien oder Politiker etwas fordern, versprechen oder verurteilen, dann schwingt dabei stets mit, dass sie so auch handeln würden, wenn sie es nur könnten. Aus diesem Grund klingt auch jede Ankündigung einer Regierungspartei lächerlich, wenn sie nicht zugleich einen Plan für die Umsetzung des Gesagten mitliefert.

In der Opposition ist das anders, da kann man noch fordern und kritisieren, was man will. Die Stunde der Wahrheit schlägt mit
dem Eintritt in die Regierung.

Ganz offensichtlich hat die FPÖ die Mobilisierungskraft des Themas Nichtraucherschutz sträflich unterschätzt - und die ÖVP hat es zugelassen oder sie konnte die Blauen nicht vom Gegenteil überzeugen.

Wenn nun die direkte Demokratie dafür sorgt (wenn denn nun tatsächlich alles so kommen sollte), dass eine Lockerung des Nichtraucherschutzes verhindert wird, ist ihre Stärkung dann vielleicht doch ganz nützlich? Oder bleiben die Stimmbürger eine unberechenbare Variable der Politik, bei der die Parteien gut daran tun, das letzte Wort zu behalten?

Der FPÖ ist es auf Umwegen gelungen, dieser Streitfrage neue, spannende Aspekte abzutrotzen. Ganz unfreiwillig und womöglich zum eigenen Schaden. Das Thema bleibt zu wichtig, um es allein taktisch zu bewerten. Es bleibt eine Grundsatzfrage.