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Im Zweifel gegen das Risiko

Von Tamara Arthofer

Leitartikel

Karl Stoss, der Präsident des Österreichischen Olympischen Komitees, machte aus seiner Enttäuschung über das Tiroler Votum gegen eine Bewerbung um die Winterspiele 2026 kein großes Geheimnis. "Wie schön wäre es, wären hier echte Berge - wenn man da Tirol hineinprojizieren könnte", sagte er angesichts der Kulisse in Pyeongchang, wo derzeit die Winterspiele laufen. Und tatsächlich muss man ihm bei den eher trostlosen Bildern, die den heimischen Sportfan von dort ereilen, recht geben. Ungewollt liefert Pyeongchang also all jenen, die Winterspiele gerne wieder im Alpenraum sehen würden, neue Argumente - und befeuert damit die Debatte um eine mögliche Bewerbung von Graz und Schladming, die die beiden ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl und Jürgen Winter angeregt hatten. Unterstützend sprang während dieser Spiele kein Geringerer als Ski-Star Marcel Hirscher zur Seite, der den WM-Titel 2013 in Schladming wegen der besonderen Atmosphäre nach seiner ersten von zwei Goldmedaillen in Pyeongchang über diese gestellt hatte. Er wisse erst jetzt, wie privilegiert man sich bei Heim-
Titelkämpfen fühlen könne, so Hirscher. Die sportlich äußerst zufriedenstellenden Spiele von Pyeongchang - mit fünfmal Gold, zweimal Silber und sechsmal Bronze sind es schon jetzt die dritterfolgreichsten aus rot-weiß-roter Sicht - tun ihr Übriges, um die Olympia-Stimmung in Österreich zu heben. Und auch das Internationale Olympische Komitee würde eine Bewerbung aus dem europäischen Kernmarkt nach den Geldvernichtungsspielen in Sotschi 2014 und den asiatischen Festspielen in Pyeongchang und Peking 2022, wo nicht minder geklotzt werden wird als vor vier Jahren in Russland, wohlwollend aufnehmen. Dennoch scheint es aus heutiger Sicht höchst unrealistisch, dass die Spiele 2026 tatsächlich in Österreich stattfinden werden. Die Kosten wären für die Gemeinden und die mit mehr als fünf Milliarden Euro überschuldete Steiermark nicht zu stemmen, der SPÖ-Sport- und Finanzlandesrat Anton Lang sieht "nicht den geringsten Spielraum im Budget". Vom Bund gibt es (noch) keinerlei Finanzierungszusage, auch Sportminister Heinz-Christian Strache, an und für sich ein Befürworter sportlicher Großereignisse, zeigte sich zuletzt zurückhaltend. Bis März müssen die Interessenten einen "Letter of Intent" beim IOC abgegeben haben, für eine Machbarkeitsstudie bleibt davor kaum Zeit. Eine Bewerbung ohne eine solche und ohne Volksbefragung, wie sie den zwei Bürgermeistern vorschwebt, wäre zwei Jahre vor der Gemeinderats- und Landtagswahl ein politisches Vabanquespiel. Im Zweifel ist nicht zu erwarten, dass man dieses Risiko eingeht. Da jammert es sich schon leichter über Pyeongchang und Co.