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Was wirklich wichtig ist

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

Italien, dieser seit Jahrzehnten wankende, aber nicht fallende Riese der EU, wählt an diesem Wochenende ein neues Parlament. Es ist nicht auszuschließen, dass danach die schlummernde, aber längst nicht bewältigte Eurokrise in die nächste dramatische Runde geht.

Gleichzeitig droht die Welt in einen Handelskonflikt globalen Ausmaßes zu taumeln. Einfach nur, weil eine Truppe Glücksspieler im Weißen Haus jetzt die Möglichkeit dazu hat und sich die Freiheit nimmt, Chaos zu stiften.

Und schließlich wartet Europa gebannt auf das Ergebnis der Urabstimmung unter den SPD-Mitgliedern über eine Neuauflage der großen Koalition in Berlin. Mit einem knappen Ergebnis ist zu rechnen, weshalb es durchaus möglich erscheint, dass am Montag der Stabilitätsanker der Europäischen Union in eine veritable politische Krise stürzt.

In Österreich wurde jedes dieser Megathemen für Europa und den Westen an den Rand gedrängt. Und das nicht von einer Regionalwahl im Süden der Republik, deren Ergebnis Daumen mal Pi kaum für Überraschungen sorgen wird. Tatsächlich diskutierte praktisch die gesamte poltisch-mediale Klasse am Freitag die Entscheidung einer ehemaligen Parteichefin, deren Bewegung nicht mehr im Parlament vertreten ist, künftig beruflich für einen privaten österreichischen Glücksspielkonzern zu arbeiten, der sich schon lange im Visier eben dieser Partei befindet.

Diese Nachricht von Weltgeltung verbreitete sich binnen Minuten in sämtliche Nachrichtennetzwerke. In Stundenfrist durchliefen die Stimmungen alle denkmöglichen Stadien - von der Empörung bis zur Satire - auf allen erdenklichen Ebenen - über die Realpolitik zur Metapolitik und wieder zurück. Woraufhin die ehemalige Parteichefin ihren Parteiaustritt erklärte.

Es ist immer heikel, sich über Angelegenheiten zu erheben, die anderen lieb und teuer sind. Und natürlich passt das Handeln der ehemaligen Spitzenpolitikerin ganz wunderbar in die gehypte Erzählung von der Korrumpierung aller Politik, also auch jener, deren Markenkern in der Behauptung besteht, anders als die anderen zu sein. Und, ja, selbstverständlich, ist Politik kein Beruf wie jeder andere, weil es eben hier um politische Werte und persönliche Glaubwürdigkeit geht.

Trotzdem ist nichts an den Ereignissen rund um die ehemalige Parteichefin einer ehemaligen Parlamentspartei neu oder weltbewegend. Deshalb bleibt eines der wesentlichsten Probleme des Homo politicus austriacus seine beschränkte Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und sein Denken und Handeln danach auszurichten. Das wird uns noch einmal auf den Kopf fallen.