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Brodeln in der Justizküche

Von Daniel Bischof

Leitartikel
© WZ

Das Restaurant ist geöffnet, die Kunden warten, die Zutaten liegen auf dem Küchentisch bereit - doch mangelt es an Köchen, um all die bestellten Gerichte zuzubereiten. In eine ähnliche Situation manövriert sich die schwarz-blaue Regierung durch ihren Sparkurs in der Justiz. Nachdem der Sicherheitsbereich eines ihrer Hauptanliegen ist, hat die Regierung eine massive Aufstockung der Polizeikräfte beschlossen. 2100 neue Plan- und 2000 neue Ausbildungsstellen soll es bis 2022 für die Polizei geben. Bei der Justiz wird hingegen gespart. Kanzleipersonal und Rechtspfleger sollen abgebaut, einige Richterposten nicht mehr nachbesetzt werden.

Diese Geldverteilung der Regierung ist nicht durchdacht: Denn in ihrer Arbeit ist die Polizei von der Justiz abhängig. In einem Rechtsstaat kann sie nicht einfach nach Lust und Laune ermitteln. Die Herrin des Ermittlungsverfahrens ist vielmehr die Staatsanwaltschaft. Bei ihr landen die polizeilichen Anzeigen. Sie entscheidet, was mit ihnen passiert. Mit Anordnungen, die auch ein Haft- und Rechtsschutzrichter bewilligen muss, lenkt sie das Verfahren. Bereits bisher leiden Behörden wie die Staatsanwaltschaft Wien unter einer hohen Arbeitsbelastung. Staatsanwälte-Planstellen sind bei den Richteramtsanwärtern daher nicht gerade begehrt. Durch die zigtausend neuen Polizisten, die damit wohl steigende Anzahl an Anzeigen und die geplanten Verschärfungen bei Gewalt- und Sexualstraftaten wird es noch mehr Arbeit geben. Druck und Stress werden zunehmen - und dadurch auch leichter Fehler passieren. Das wäre in einem so sensiblen Bereich wie dem Strafrecht fatal.

Und nicht nur das Strafrecht wäre von den Kürzungen betroffen. Im Zivilrecht erledigen Rechtspfleger einen Großteil des Geschäftsanfalls, Kanzleibedienstete bilden das organisatorische Rückgrat jedes Gerichtes. Spart man bei ihnen und den Richtern ein, werden Verfahren künftig länger dauern - gerade im Hinblick auf das neue Erwachsenenschutzgesetz, dessen Umsetzung viel Arbeitskraft erfordern wird. Dabei wurde Österreich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bereits mehrfach wegen überlanger Verfahrensdauern verurteilt. Eine qualitativ schlechtere Gerichtsarbeit könnte wiederum staatsfeindlichen Bewegungen Auftrieb geben, deren Mitglieder sich von der Justiz oft ungerecht behandelt fühlen.

Wer neue Gesetze erlässt, muss gewährleisten, dass diese auch vollzogen werden können. Wer Sicherheit zu seinem Kernthema macht, muss sämtliche Behörden mit ausreichenden Mitteln ausstatten. Ansonsten muss in der Justizküche halt improvisiert werden. Das kann zwar noch irgendwie gutgehen - oder aber ziemlich auf den Magen schlagen.