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Im Kern instabil

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

Wie auch immer sich die Details des Rücktritts von Peter Kolba als interimistischer Klubchef darstellen, von einer stabilen Kraft ist Peter Pilz’ Start-up so weit weg wie die Grünen von einer Rückkehr in den Nationalrat. Und im Gegensatz zur landläufigen Überzeugung hat dies nur am Rande mit den üblichen Startschwierigkeiten einer neuen Bewegung zu tun. Die Instabilität ist die Folge einer neuen politischen Dynamik. Der Kern der neuen Verhältnisse ist ihre Instabilität.

Die alte Polarisierung, die die Republik bis in die 1990er Jahre prägte, zeichnete sich dadurch aus, dass sie die politischen Verhältnisse stabilisierte. SPÖ und ÖVP bildeten die Pole; deckungsgleich mit dieser Konstellation verliefen sämtliche politischen Debatten.

Mit diesem Gleichklang von Parteienwettbewerb und politischen Konfliktlinien ist es vorerst - und möglicherweise dauerhaft - vorbei. Mehr noch: Die Positionen in den bestimmenden politisch-kulturellen Streitfragen laufen quer durch die Parteien und Staaten. Mit Folgen für das gesamte Parteiensystem. Es ist diese Dynamik, die auch die etablierten Parteien und ihre breiten Wählerallianzen mit der Gefahr von Desintegration, Spaltung oder Neugründung konfrontiert.

Donald Trump hat die Republikaner zur dominierenden Macht in den USA gemacht und steht womöglich an der Wiege ihres Untergangs. Jeremy Corbyn könnte Labour wieder in die Downing Street No. 10 bringen - und sie dann in den Abgrund stoßen. Angela Merkel regiert seit 14 Jahren in Berlin; ob die CDU das als Großpartei überlebt, steht in den Sternen; bei der SPD ist man das Ergebnis bereits bekannt.

Der FPÖ kommt das bekannt vor, die Grünen wandern gerade durch dieses Tränental. Bei ÖVP und SPÖ sind diese Szenarien noch im Konjunktiv. Wie oft wurde nicht über eine Neugründung der ÖVP, wie oft über eine Abspaltung des linken Flügels der SPÖ spekuliert?

Die Achillesferse der ÖVP ist ihre soziale Heterogenität, die für Wirtschaftstreibende, Arbeitnehmer, Familien, Bauern und Beamte ein schlüssiges Politikangebot formulieren will, jene der SPÖ liegt in ihrer politisch-kulturellen Spaltung.

Beide Traditionsparteien suchen Halt durch Abgrenzung und die Inszenierung eines Neubeginns; ihre größten Hoffnungen ruhen darauf, dass eine charismatische Persönlichkeit ihre inneren Brüche vergessen macht.

Auf der Grundlage der jüngsten Wahlen gelingt das aktuell der ÖVP mit Sebastian Kurz besser als der SPÖ mit Christian Kern. Entscheidend aber ist: Instabile italienische und französische Verhältnisse in Österreich sind ein Ding der Möglichkeit geworden. Pilz und die Seinen sind ein Symptom.