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Das Vorspiel ist vorbei

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

Ob das mit der Sozial- und Gesundheitsministerin noch ein gutes Ende finden wird, darf bezweifelt werden. Die Regierungsspitze bemüht sich nicht einmal mehr, Beate Hartinger-Klein wenigstens rhetorisch den Rücken zu stärken.

Erst Mitte April vereinbarte die Ministerin mit den Ländern, dass diese bis Ende Juni "ein bis zwei" Vorschläge für eine einheitliche Mindestsicherung unterbreiten sollen. Am Dienstag erklärten Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache, der Bund werde bis 1. Juni einen Entwurf vorlegen. Und die Reform der Sozialversicherung soll bis Mitte Mai feststehen.

Eher unwahrscheinlich, dass die Länder oder sonst irgendwer die Sozialministerin jetzt noch als Politikerin wahrnehmen, mit der man Verhandlungen führt, deren Ergebnisse auch halten.

In der Sache selbst halten sich Kurz und Strache an das, was sie selbst von sich gefordert haben: Die zwei Monate bis zum Beginn der EU-Präsidentschaft sollen jetzt für innenpolitische Reformen genutzt werden. Bei Mindestsicherung wie Sozialversicherung muss die Regierung den Konsens mit den Ländern suchen. Zwar könnten ÖVP und FPÖ eine Regelung der Sozialhilfe auch mit Hilfe der Neos in die Verfassung schreiben. Realpolitisch ist es aber nicht sehr wahrscheinlich, dass Kurz seinen Landeshauptleuten auf diese Weise den Fehdehandschuh hinwirft. Er weiß, dass härtere Zeiten kommen werden und er dann die Unterstützung der Landesparteien braucht. Und die Landeshauptleute wissen um die Stärke ihrer Position.

Inhaltlich dürfte es auf das schwarz-grüne Vorarlberger Modell als Kompromiss hinauslaufen. Entscheidend wird sein, ob sich auch die FPÖ sowie die SPÖ-geführten Länder darauf verständigen.

Insbesondere für Wien steht dabei viel auf dem Spiel. Ab Mitte Mai steht hier Michael Ludwig an der Spitze. Finanziell kann die Stadt jede Kostenreduktion gut brauchen, zumal die Kosten der Mindestsicherung massiv gestiegen sind. Bisher wehrten sich die Grünen gegen Änderungen. Für SPÖ wie Grüne geht es um die Aufstellung für die spätestens 2020 anstehende Gemeinderatswahl. Sich als Gegenwicht zu Türkis-Blau zu positionieren, ist für beide verlockend. Michael Häupl hat damit alle Wahlen gewonnen. Ludwig wird dieses Asset nicht aus der Hand geben.

Die Frage ist, ob das Wiener Modell der Mindestsicherung das richtige politische Schlachtfeld ist. Ludwig selbst drängt auf Änderungen, das könnte ein Zeichen sein, dass er Türkis-Blau bei anderen Themen herausfordern will. Wohnen würde sich anbieten. So gesehen müssen sich die Wiener Grünen womöglich früher entscheiden, als ihnen lieb ist, welchen Weg sie einschlagen.