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Die neue Mitte des Lebens

Von Martina Madner

Leitartikel
Martina Madner ist Redakteurin im Innenpolitik-Ressort.
© Thomas Seifert

Österreichs Bevölkerung wird im Durchschnitt älter, das zeigt sich mittlerweile auch am Arbeitsmarkt deutlich. Die Gruppe der 50- bis 65-Jährigen macht bereits 1,036 Millionen Personen aus. Das sind 27,5 Prozent, also mehr als ein Viertel aller unselbständig Beschäftigten. Und sie wächst mit einem Plus von 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr weit stärker als der Durchschnitt der arbeitenden Bevölkerung (plus 2,3 Prozent). Die verfügbaren Arbeitskräfte werden also älter.

Beim Rückgang der Arbeitslosigkeit zeigt sich das zwar auch, allerdings weniger deutlich. Dass Ältere bei der Stellenbesetzung eine zunehmend größere Rolle spielen werden müssen, scheint noch in zu wenigen Unternehmerköpfen angekommen zu sein. Noch zählt man mit Erreichen des 50. Lebensjahres - Frauen sogar schon nach ihrem 45. Geburtstag - zu den "Älteren" am Arbeitsmarkt.

Dabei stimmt diese Rechnung gerade bei den gefragten gut Ausgebildeten nicht: Frauen mit 45 Jahren haben ihr Studium im Durchschnitt im Alter von 25 Jahren abgeschlossen, sie haben also rund 20 Jahre Berufserfahrung. Und genauso lange werden sie auch noch arbeiten, bis sie mit dem für sie künftig gesetzlich gültigen Pensionsalter von 65 Jahren zu arbeiten aufhören. Sie stehen also in der Mitte ihres Arbeitslebens - nicht im hinteren Drittel und schon gar nicht kurz vor dessen Ende. Trotzdem hat sich in manchen Köpfen festgesetzt, dass sie auf dem Arbeitsmarkt zum "alten Eisen" zählen.

Die Folge davon ist, dass diese "Älteren" in vielen Unternehmen häufig weniger weiterqualifiziert werden als Jüngere. Einmal arbeitslos geworden, zählen sie zu den schwieriger vermittelbaren Gruppen - nicht zuletzt deshalb, weil Menschen mit rund 20 Jahren Berufserfahrung mehr Einkommen verdienen (wollen) als am Berufsanfang. Dazu wird vielen von ihnen der Wille zum lebenslangen Lernen, der gerade in Zeiten der Digitalisierung notwendig ist, abgesprochen.

Dabei hat diese Gruppe die Familienplanung meistens bereits abgeschlossen, und die Kinder brauchen weniger Betreuung. Mitarbeiter im Alter von 45 bis 50 Jahren konzentrieren sich (wieder) voll auf den Beruf. Sie haben Erfahrung bei dem, was sie tun, und sind auch bereit, Neues zu lernen.

Unternehmen mit Weitsicht bemühen sich also, sie im Betrieb zu halten oder mit frischer vom Arbeitsmarktservice bezahlter Ausbildung aus der Arbeitslosigkeit zu holen. Denn sie wissen: Diese Mitarbeiter kennen alte Strukturen und können zugleich die Bedeutung von Neuem meistens besser einschätzen als ganz Junge. Sie sind also die optimalen Mitarbeiter, um Veränderungen in Zeiten der Digitalisierung voranzutreiben.