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Hitzeresistent

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

Dem Menschen ist es gelungen, die Erde noch an den lebensfeindlichsten Stellen zu besiedeln. Weder die Arktis im Norden noch Feuerland an der Südspitze der Amerikas, weder die Osterinseln im Nirgendwo des Pazifik noch Tibet, das Dach der Welt, konnten sich auf Dauer dem menschlichen Eroberungsdrang entziehen. Und all das gelang lange, bevor die Moderne damit begann, uns das Leben mit allerlei Technik zu erleichtern. Abgesehen von einigen Ein- und Mehrzellern macht dies den Menschen zur anpassungsfähigsten Spezies des Planeten.

Der Mensch war also im Laufe seiner Geschichte bereit und fähig, sich an extreme Abweichungen seines idealen Lebensraums anzupassen. Und die technologischen und ökonomischen Möglichkeiten der Gegenwart potenzieren diese Anpassungsfähigkeit weiter. Das macht selbstbewusst.

Selbstbewusstsein birgt aber auch Gefahren, vor allem, wenn es nur in eine Richtung zeigt. Die Gesellschaften an der Spitze der Wohlstandspyramide scheinen sich darauf zu verlassen, dass die Folgen des Klimawandels bewältigbar sein werden. Innovationen werden uns das Leben in den überhitzten Städten schon irgendwie erträglich gestalten.

Dabei erfordert die Anpassung an Hitze, Trockenheit und Stürme nicht mehr Veränderungsbereitschaft unserer modernen Gesellschaften als die Adaptierung von Wirtschaft und Konsum für die Notwendigkeiten eines entschlossenen Klimaschutzes.

Über die Ursachen dieser nicht nur auf den ersten Blick unvernünftig ungleichen Anpassungsbereitschaft lässt sich allenfalls spekulieren. Womöglich fällt es uns leichter, uns an scheinbar unveränderliche Entwicklungen anzupassen. Die zunehmende Hitze und Trockenheit verlangt eben ganz automatisch nach neuen Pflanzen, Kühltechnologien, Wohn- und Arbeitsbedingungen. Darüber muss man nicht diskutieren, da gibt es nichts abzustimmen. Wir tun einfach, was pragmatisch technisch notwendig scheint.

Das ist Fatalismus pur.

Wenn es jedoch darum geht, dass wir unser Leben und Wirtschaften in einer Weise ändern sollen, um in die Zukunft gestaltend einzugreifen, starten die Mechanismen der Demokratie mitsamt ihrer so mühsamen wie langwierigen Suche nach politischen Mehrheiten. Und weil exakte Vorhersagen über die Zukunft grundsätzlich riskant sind, hat dies zur Folge, dass Kompromisse, Rücksichten und Hinsichten die Wege zur Zielerreichung verlängern. Schließlich könnte es am Ende ja vielleicht doch nicht ganz so heiß und trocken und stürmisch ausfallen, wie wir heute befürchten müssen.

All das macht aus der anpassungsfähigsten Spezies des Planeten eine erstaunlich bornierte Gattung.