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Über die Diener des Staats

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

Die Politiker an der Spitze mögen den Staat verkörpern; manche versteigen sich sogar zu dem Wahn, sie seien der Staat. Es sind allerdings die Beamten, die dem Staat einen Körper geben, in Österreich wahrscheinlich noch mehr als in anderen Staaten.

Es waren die Beamten, die die heterogene Habsburger-Monarchie zusammenhielten. Franz-Joseph hat nicht viel verstanden, aber wenigstens dieses Erbe des aufgeklärten Absolutismus verstand er, weshalb er sich auch als oberster Beamter inszenierte. Und ohne eine dem Möglichen wie der Vernunft verpflichtete Beamtenschaft hätte der Übergang zur Republik vor hundert Jahren zweifellos im Chaos geendet; für Heldensagen taugt die Bürokratie trotzdem nicht, immerhin verlief der Regimewechsel 1938 mindestens so reibungsfrei.

Umso grundsätzlicher muss sich jeder demokratische Staat die Frage nach der Gesinnung seiner Beamten stellen. Immerhin handeln diese nicht nur als dessen Hände, Augen und Ohren, sie sind als Stammhirn des Gemeinwesens auch für die Aufrechterhaltung der wichtigsten Funktionen des Staats zuständig und agieren, quasi intuitiv, als Erste auf neue Fragen.

Diese Gesinnungsfrage muss sich am Grundsätzlichen orientieren, denn natürlich haben Beamte ein Recht auf eine politische Meinung. In Österreich und Deutschland wird diese Frage aktuell neu in Erinnerung gerufen. Im Fall der Bewerbung des FPÖ-nahen Juristen Hubert Keyl als Bundesverwaltungsrichter geht es um die Frage der Loyalität zu den Grundfesten der Republik. Die steht bei Keyl wegen dessen Haltung zum NS-Regime in Zweifel. Beim deutschen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen geht es darum, wie politisch ein Spitzenbeamter öffentlich Position beziehen kann und soll, sowie um das Maß an Loyalität, das er seiner Regierung schuldet. Maaßen hatte bei der Beurteilung der Ereignisse von Chemnitz, die Deutschland erschreckt und erschüttert hatten, der Kanzlerin widersprochen. Und dies politisch ohne harte Belege begründet.

Keyl hat, nachdem Bundespräsident Alexander Van der Bellen offensichtlich ein Veto gegen seine Ernennung signalisiert hatte, von selbst zurückgezogen; Maaßens Abgang ist wohl nur eine Frage der Zeit.

Die Fälle sind schwer vergleichbar, aber sie zeigen auf, was von Spitzenbeamten in der umkämpften Gegenwart erwartet wird: kein Liebäugeln mit Bewegungen und Personen, welche die Fundamente einer freien Gesellschaft untergraben; und ein Bekenntnis zum Primat der demokratisch legitimierten Politik. Weder das eine noch das andere ist selbstverständlich. Daher ist die öffentliche Debatte so nötig. Zu Märtyrern ihrer Sache eignen sich übrigens weder Keyl noch Maaßen.