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Die Reisebranche nicht einfach sterben lassen

Von Elisabeth Kneissl-Neumayer

Leserforum
Elisabeth Kneissl-Neumayer ist Geschäftsführerin von Kneissl Touristik.
© Kneissl Touristik

Es heißt: Weiter zittern und in eine ungewisse touristische Zukunft blicken.


Als Geschäftsführerin von Kneissl Touristik bin ich für mehr als 50 festangestellte Mitarbeiter verantwortlich. Wir sind ein gesunder oberösterreichischer Reiseveranstalter mit Reisebüros in Wien, Salzburg, St. Pölten und Lambach. Wir zählen zu einer Branche, die aus 2000 Reisebüros, 700 Veranstaltern und insgesamt rund 10.000 Mitarbeitern besteht.

Ich bin keine offizielle Repräsentantin eines Verbands, aber seit mehr als 40 Jahren im Reisegeschäft: Man kann die Reisebranche doch nicht einfach sterben lassen und 10.000 Arbeitsplätze aufs Spiel setzen! Unsere Sorgen müssen bei den österreichischen politischen Verantwortlichen und EU-Behörden/Politikern Gehör finden. Ich bin empört darüber, dass in den vergangenen Pressekonferenzen der Ministerin für Tourismus sowie des Außenministers der Begriff "Tourismus" nur österreichische Hotels und Gastronomie umfasste. Auch wir Veranstalter, die österreichische Kunden in die gesamte Welt brachten, zahlen Steuern und gewährleisten Arbeitsplätze.

Ich wünsche mir, dass über Reisegutscheine als Ersatz für Corona-bedingte Reiseabsagen diskutiert wird. Für bezahlte Deposits bekommen wir teilweise nur Gutscheine der Partner - gleichzeitig sind wir laut Pauschalreisegesetz verpflichtet, binnen 14 Tagen die Kundenzahlungen zu refundieren. Das kann sich nicht ausgehen!

Ich wünsche mir, dass man uns als Branche auch hört, wenn es um Gutscheine der Airlines geht. So wie ich unglückliche Besitzerin italienischer und französischer Reisegutscheine bin, habe ich auch Gutscheine der TAP, SAA, Air Canada und vieler anderer Airlines, die sich eigentlich an die EU-Fluggastrechte halten müssten.

Ich wünsche mir, dass man bei unserem Außenministerium bei Ländern mit Reisewarnungen erkennt, dass diese permanent evaluiert werden müssen und mit relevanten Infos gefüllt - momentan gibt es nur den Hinweis "Reisewarnung Stufe 6".

Wir brauchen dringend einen Fahrplan - ähnlich wie bei den Geschäften, Schulen etc. - über eine im Sommer beginnende Reisefreiheit, die es wieder möglich macht, zunächst sichere Ziele in Europa zu bereisen (Deutschland, Island, Dänemark, Baltikum, Portugal, Tschechien) und dann im Herbst auch sichere, weiter entferntere Destinationen zu erreichen. Wir wissen von bilateralen Gesprächen einiger Staaten, wir kennen aber keine Zwischenergebnisse, haben nichts, woran wir uns halten könnten.

Wir könnten jetzt wieder unsere Reisebüros öffnen. Was sollen wir anbieten? Österreich als Gruppenreise, die in dieser Form noch gar nicht abgesegnet ist?

Wenn man jetzt auch noch den finanziellen Aspekt betrachtet - es hieß "Schnelle Hilfe", "Sofort-Förderung", "Unbürokratische Überbrückungsfinanzierung" - die Realität sieht diametral anders aus.

Als verbundenes (Tochter-)Unternehmen (50 Mitarbeiter) einer privat geführten Touristik-Firmengruppe mit mehr als 350 Mitarbeitern (= Jobs) zählt man nicht mehr als KMU und fällt somit aus den Fördertöpfen der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank sowie der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft. Zuständig ist hierbei die Oesterreichische Kontrollbank, deren Formalismus und Auflagen sogar die eigene Hausbank zum Verzweifeln bringen.

Um es salopp zu formulieren: Man muss zuerst alle Ersparnisse aufgebraucht haben - also kurz vor dem Exitus stehen -, jedoch vor der Krise wirtschaftlich völlig gesund gewesen sein!

Es heißt also: Weiter zittern und in eine ungewisse touristische Zukunft blicken.