Die Neutralität gehört
zu Österreichs Identität
Und wieder will eine Minderheit über die Neutralität diskutieren! Dabei ergeben Umfragen stets, dass die immerwährende Neutralität Österreichs im österreichischen Volk fest verankert ist, und das zu Recht.
Die Neutralität wird heute allein auf die Bündnisfreiheit reduziert, doch dieser Zugang ist zu wenig: In den Herzen der Österreicherinnen und Österreicher hat sich die Neutralität eingebrannt als ethische, moralische, philosophische Erkenntnis aus zwei Weltkriegen mit Millionen Toten, Verwundeten, Verstümmelten, Vertriebenen, Waisen und Menschen, die alles verloren haben. Die Neutralität wird von sehr vielen als höchstes Gut betrachtet, das uns unsere Eltern- und Großelterngeneration hinterlassen hat, ein geistig so hohes Gut wie die Demokratie selbst.
In Zeiten von Kriegen und Unruhen wird es immer Länder geben müssen, die als neutrale Verhandlungsorte fungieren können. Nachdem Finnland und Schweden einen anderen Weg gehen wollen, bleiben nur die wenigen wie die Schweiz und Österreich.
Dipl.-Ing. Michael Rosensteiner,
per E-Mail
Wehrhaftigkeit gehört
zur Neutralität dazu
Wenig überraschend hat die Bundesregierung nach dem schwedischen und finnischen Nato-Beitrittsantrag einen Beitritt Österreichs zur Nato ausgeschlossen. Doch wenn wir schon an unserer immerwährenden Neutralität festhalten, dann muss dies eine bewaffnete Neutralität sein, damit wir uns auch alleine selbst verteidigen können, und hier muss die Schweiz unser Maßstab sein. Alle seriösen Experten und alle ernstzunehmenden Medien wissen, dass das österreichische Bundesheer aktuell nicht in der Lage ist, unser Land zu verteidigen, und natürlich wissen das auch unsere verantwortlichen Politiker.
Der Bedarf des Bundesheeres wurde im Starlinger-Bericht für jedermann verständlich dargestellt. Doch möglicherweise sind aktuelle Investitionen zur Modernisierung des Bundesheeres tatsächlich zweifelhaft, wenn eine Umfrage stimmt, wonach satte 60 Prozent der Befragten unser Land unter keinen Umständen mit der Waffe verteidigen würden. Auch auf diesem Gebiet der ehemaligen Umfassenden Landesverteidigung sind keine Maßnahmen erkennbar, um die katastrophal niedrige Wehrbereitschaft zu verbessern und die in Trümmern liegende geistige Landesverteidigung mit neuem Leben zu erfüllen.
Mag. Heinrich Winkelmayer, GenMjr i.R., 8151 Hitzendorf
Österreich sollte
der Nato fernbleiben
Mit einem Blick vor allem auf Finnland soll Österreich offensichtlich in die Nato hineinreklamiert werden, doch die Rahmenbedingungen beider Länder sind auch ohne Tabuisierung der Neutralität höchst unterschiedlich. Finnland ist noch immer traumatisiert vom sowjetischen Überfall mit anschließendem "Winterkrieg" am Beginn des Zweiten Weltkriegs (als es um territoriale Forderungen der Russen ging, die abgelehnt wurden), hat eine deutlich über 1.000 Kilometer lange gemeinsame Grenze und steht an der europäischen Nordflanke relativ isoliert da. Österreich hingegen ist von Nato-Staaten umgeben, wobei ein Zusammenbruch dieser "Pufferzone" ziemlich unwahrscheinlich ist.
Ein gut umgesetzter Neutralitätsstatus nach dem Vorbild der Schweiz sorgt für mehr Sicherheit als eine Bündnisverflechtung, in der man dann gegebenenfalls aktiv werden muss, ohne selbst bedroht zu sein.
Mag. Martin Behrens,
1230 Wien
Der Aggressor ist
eindeutig Russland
Die Nato ist ein Verteidigungsbündnis und kein Aggressor, dazu wäre eine Organisation mit 30 Mitgliedern auch denkbar ungeeignet. Vielmehr ist Russland unter Wladimir Putin - wie der Angriff auf die Ukraine beweist - nicht nur ein Aggressor, sondern scheut auch keine Menschenrechtsverletzungen und kriegerischen Brutalitäten. Daher ist es nur logisch, dass Finnland und Schweden der Nato beitreten.
Für Österreich, als von Nato-Staaten umgeben, stellt sich diese Notwendigkeit nicht unbedingt, aber eine entsprechend wirksame Aufrüstung des Bundesheeres wäre natürlich sinnvoll.
Günter Braun,
1020 Wien
Die Nachbarländer kann
man sich nicht aussuchen
Russland ist beunruhigt, weil die Nato näher an seine Grenzen heranrückt. Manche Österreicher haben Verständnis für Russland. Aber die Nachbarländer Russlands sind auch beunruhigt, weil es kürzlich ein Nachbarland überfiel. Russland hätte gerne neutrale Staaten als Nachbarländer. Die Nachbarländer Russlands hätten gerne einen Nachbarn ohne Atomraketen. Aber die Nachbarn kann man sich nicht aussuchen.
Wer Verständnis für die Beunruhigung der russischen Führung hat, sollte auch Verständnis für die Beunruhigung der Nachbarländer Russlands haben. Dass Finnland und Schweden ihre Bündnisfreiheit aufgeben, zeigt doch, dass es einen gewichtigen Grund dafür gibt, in der Nähe Russlands beunruhigt zu sein.
Dr. Franz Graf-Stuhlhofer,
1190 Wien
Die EU bleibt ohne militärisches Potenzial
Für einen leidenschaftlichen Europäer ist es nicht lustig, was da jetzt vor sich geht. Die EU, der zivile Arm der Nato, spielt natürlich nur die zweite Geige. Dabei gab es vor Jahrzehnten den tatsächlichen Versuch einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG), er scheiterte an der Kleinherzigkeit Frankreichs. Die Sache mit dem "World Player EU" ist nichts geworden - leider!
Jürgen Jauch,
4040 Linz