Ein Protestschreiben an Ministerin Susanne Raab
Sehr geehrte Frau Bundesministerin!
Ich bin ob Ihrer Absicht, die "Wiener Zeitung" einzustellen, bestürzt. Die "Wiener Zeitung" ist die älteste Zeitung der Welt und auch wegen ihrer journalistischen Qualität ein österreichisches Kulturgut. Diese Zeitung bietet eine neutrale Berichterstattung über die Arbeit der Bundesregierung. Mit der Einstellung dieser Zeitung überlassen Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin, dieses Feld der übrigen privaten Presse, die je nach der Linie des Herausgebers bis hin zur ideologiebehafteten Journaille links- oder rechtsextremer Provenienz entsprechend gefärbt ist.
Hat sich das die Republik Österreich verdient?
Ihr Ziel, die Digitalisierung auch bei der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung voranzutreiben, ist kein Grund, die "Wiener Zeitung" einzustellen. Denken Sie bitte auch an die vielen Bürger des Landes, die keinen Zugang zu den neuen Medien und zum Internet haben. Diese Personen werden von den Informationen und den amtlichen Verlautbarungen der Bundesregierung ausgeschlossen und damit diskriminiert. Letztendlich führt der Ausschluss zur Desintegration eines großen Teiles der Bevölkerung. Und das zu Zeiten, in denen die Diskriminierung auf allen Ebenen in Diskussion ist!
Der "Wiener Zeitung" ist auch ein amtlicher Teil angeschlossen. Dieser ist die Plattform der Bundesregierung und der Bundesministerien, um Bundesgesetze, Verordnungen und amtliche Verlautbarungen sowie gerichtliche Edikte zu veröffentlichen. Der amtliche Teil steht auch Privatpersonen für Verlautbarungen zur Verfügung. Ich denke beispielsweise an den Fall, dass ein vom Gericht bestellter Sachwalter die Öffentlichkeit vor den Geschäften einer verschwendungssüchtigen Schutzperson, die der Dispositionsfähigkeit über ihr Vermögen entkleidet ist, warnt. Fällt das Amtsblatt zur "Wiener Zeitung" weg, wohin kann sich dann ein Sachwalter wenden? An das von Falschmeldungen und Datenmissbrauch triefende Internet? Es bedarf daher weiterhin der "Wiener Zeitung" und des Amtsblattes in gedruckter Form. Daneben ist eine Internet-Plattform durchaus möglich.
Sehr geehrte Frau Bundesministerin, die Einstellung der "Wiener Zeitung" wäre für Österreich als Staat lächerlich, kleingeistig, eine Kulturschande. Nehmen Sie Abstand von diesem Vorhaben! Treten Sie als Bundesministerin zurück!
Sollten Sie dennoch die Einstellung der "Wiener Zeitung" weiter verfolgen, wäre das eine riesige Blamage für Sie und die gesamte Republik. Sie wären mit Schimpf und Schande mitsamt Ihrer möglicherweise gutgläubigen Ansicht, mit den neuen Medien alle Wechselfälle des Lebens lösen zu können, trotzdem rücktrittsreif.
Dr. Christian Hinterleitner
(war 15 Jahre lang Leiter einer Präsidialabteilung im Finanzministerium und unter anderem
zuständig für Veröffentlichungen des Ministeriums im Amtsblatt der "Wiener Zeitung")
Zum Beitrag von Robert Menasse, 25. Jänner
Mit Satire gegen
politische Floskeln
Robert Menasse hat mit scharfem Verstand und Brillanz die Schlagworte der Medienministerin Susanne Raab von der "Zukunft des Medienmarkts", die das Digitale sei, und dass nun auch die "Wiener Zeitung" diesen Weg "bestreitet" (sic!), analysiert. Da ich kaum annehme, dass die Frau Minister ihre Worte derart hintergründig aufgeladen hat, wie es die menassesche Analyse nahelegt, sondern lediglich ihren einmal eingeschlagenen Weg mit Floskeln zu rechtfertigen versucht, ist der Beitrag von Robert Menasse als eine sehr feine und scharfe satirische Spitze zu verstehen.
Mag. Herbert Bamberger,
1140 Wien
Untragbare Ausstellung im Jüdischen Museum Wien
Die aktuelle Ausstellung "100 Missverständnisse über und unter Juden" spricht von der "zionistischen Expansionspolitik", über die "israelische Kriegs- und Diskriminierungspolitik" und auch davon, dass Yad Vashem, die Holocaust-Gedenkstätte, "Propaganda für die Palästina-Politik des Staates" betreibe. Die Rede von der "Holocaust-Industrie" im Anschluss an Norman Finkelstein, die Videoperformance über den Tanz vor den Toren von Auschwitz und die Coca-Cola-Dose in Buchenwald: enough is enough.
Zur christlich-jüdischen Zusammenarbeit führt die Ausstellung lediglich den deutschen lesbisch-feministischen Schabbeskreis mit einer fragwürdigen Kritik an. Der Schabbeskreis löste sich aber 1989 auf - eh wurscht. Kein Wort zu den wichtigen Dokumenten jüdischer Theologen wie Dabru Emet (2000) oder zu den Dokumenten "Den Willen unseres Vaters im Himmel zu tun" (2015) und "Zwischen Jerusalem und Rom" (2017).
Nota bene: 2000, 2009 und 2014 haben drei verschiedene Päpste Yad Vashem besucht, und auch der Vatikan hat 2001 und 2015 wichtige Dokumente publiziert. Eh wurscht!
Keine Literatur, keine Debatte aus wissenschaftlichen Zeitschriften oder Buchveröffentlichungen zur Beflaggung des Bundeskanzleramts am Freitag den 14. Mai 2021 während des Raketenhagels der Hamas auf israelische Städte. Eh wurscht! Tweets der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger und Gerhard Mangott genügen als die ultima veritas. Wie recht hat Rabbi M. Y. Soloveichik, der im "Commentary Magazine" dagegen schrieb: "Während Israel von der Hamas attackiert wurde, kam Solidarität ausgerechnet aus Wien, wo Hitler zum Antisemiten wurde - und Herzl den jüdischen Staat ersann."
Dafür hält im Jänner 2023 der Antisemitismus 2.0 Einzug im Jüdischen Museum.
Univ. Doz. Dr. Arno Tausch,
per E-Mail
Ein Film überschattet von
der Causa Teichtmeister
Ich kann verstehen, dass man Florian Teichtmeister keine Rollen mehr anbieten möchte, aber nicht, warum der Film "Corsage" nicht mehr gezeigt werden soll und viele Menschen dadurch unverschuldet einen Nachteil haben. Stattdessen könnte man doch einen beträchtlichen Teil der Einnahmen für mildtätige Zwecke spenden. Unrecht kann man nicht ungeschehen machen, aber anderes Unrecht mildern.
Renate Chan,
D-78467 Konstanz