Die jüngsten Gewaltakte in der Wiener U-Bahn sind nur die Spitze des Eisberges, dem Öffi-Fahrgäste ausgeliefert sind. Rückmeldungen von Bahnkunden lassen vermuten, dass der Alltag in öffentlichen Verkehrsmitteln eine Gratwanderung ist zwischen sich einmischen, wegschauen oder davonlaufen.

Die Fahrgastvertretung von "probahn Österreich" sieht darin das Ergebnis des Personalabbaus bei den Verkehrsunternehmen, aufgrund des Kostendruckes und der politischen Sparvorgaben. So mussten die ÖBB in den vergangenen Jahren rund ein Drittel ihres Personals abbauen, wodurch die Ansprechpersonen in Bahnhöfen und Haltestellen wegfielen. Schaffnerlose Züge verstärkten zusehends die Unsicherheit unter den Fahrgästen. Bahnen, die weiterhin auf Schaffnerbetrieb setzen, wie die Salzburger Lokalbahn, können da rascher und besser reagieren. Deren Personal wird auf Konfliktsituationen vorbereitet und kann damit besser umgehen.

Die vermehrte Ausstattung mit Videoüberwachung führt zwar in vielen Fällen zur Überführung der Täter, kann aber die Gewaltakte selbst nicht verhindern, ebenso die Notrufanlagen.

"probahn Österreich" fordert daher von Bund und Ländern, in den Verkehrsdiensteverträgen mit den Verkehrsunternehmen einen verpflichtenden Schaffnerbetrieb in allen Zügen zu verankern, aber auch zu bezahlen.

Die von ÖBB-Betriebsrat Roman Hebenstreit geforderte Bahnpolizei ist als ergänzende Maßnahmen durchaus zielführend und dürfte vor allem in urbanen Ballungsräumen sinnvoll sein. Darüber hinaus wäre den Verkehrsunternehmen anzuraten, gemeinsam mit der Polizei Fahrgäste für den Umgang mit Konfliktsituationen zu schulen und damit die Zivilcourage in der Bevölkerung zu stärken.

Peter Haibach,

"probahn Österreich"

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Nun ertönt der Ruf nach noch mehr Überwachungskameras zur Verhinderung von Gewalttaten in der U-Bahn. Es wird aber so gut wie nie etwas verhindert. Nicht einmal in London, der bestüberwachten Stadt der Welt, wurde 2005 der schreckliche Terrorangriff auf die U-Bahn mit 52 Toten und 700 Verletzten verhindert.

Glaubt vielleicht jemand, dass der Fahrer - der im Übrigen gar nicht sieht, was sich in den Waggons abspielt - seinen Zug irgendwo auf der Strecke stehen lässt, nach hinten sprintet und den oder die Angreifer profimäßig zur Strecke bringt?

Statt noch mehr Kameras wären gut ausgebildete und trainierte Zugbegleiter sinnvoll. Da könnte man auch gleich neue Arbeitsplätze schaffen. Selbstverständlich müssen die Behörden ganz allgemein ihrer Pflicht zum Schutz der Bürger durch sorgsame Prävention und möglichst schnelle Hilfe an Ort und Stelle nachkommen. Personalmangel durch Überwachung wettmachen zu wollen ist keine Lösung.

Im Übrigen hat man noch nie etwas darüber gehört, welche Rolle bei dem Milliardengeschäft der Überwachungsmanie eigentlich die Lobbyisten spielen. Eine gewisse Aufklärung darüber wäre auch ganz interessant.

Dr. Helga Fußgänger,

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