Zum Interview von E. Hewson im "Wiener Journal", 2. November
Medizinstudium mit wissenschaftlicher Arbeit
"Mediziner haben keine nennenswerte wissenschaftliche Ausbildung" und "das Medizinstudium beinhaltet keine eigenständige wissenschaftliche Arbeit" hat der Wirtschaftswissenschafter Ulrich Berger gesagt. Damit unterstellt Berger, dass das Medizinstudium nicht wissenschaftlich wäre beziehungsweise wissenschaftlich nicht ernst zu nehmen wäre. Und das ist schlichtweg falsch.

Berger geht in seinen Ausführungen sogar noch weiter und meint, "dass sich die Ausbildung auf einem sehr niedrigem Niveau abspielt". Auch das ist falsch.
Wahr ist, dass das Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Universität Wien nach internationalen Standards zertifiziert ist und dass die Diplomarbeit - Berger bemängelte, dass es sich nicht um den Erwerb eines Doktorgrads handelt - einer wissenschaftlichen Arbeit nach den Vancouver-Richtlinien entsprechen muss und dass die Diplomarbeit auch in einer kommissionellen Prüfung wissenschaftlich verteidigt werden muss. Wahr ist auch, dass alle Studierenden an der MedUni Wien verpflichtend an Wissenschaftsseminaren teilnehmen müssen und dass das Exzellenzprogramm MDPhD begabten Studierenden die Möglichkeit eröffnet, bereits während des Medizinstudiums ein Doktoratsstudium zu beginnen.
Und wahr ist auch, dass die Forscher der MedUni Wien laut Berechnung des Joanneum Research die am meisten zitierten heimischen Wissenschafter sind und dass sich die MedUni Wien im aktuellen Uni-Ranking von Times Higher Education unter die besten 275 Universitäten der Welt und auf Platz 51 unter allen Medizin-Unis verbessert hat. Auch deshalb, weil Forscher der MedUni Wien in wissenschaftlichen Papers weltweit sehr häufig zitiert werden. Wir glauben nicht nur an wissenschaftliche Seriosität, sondern wir leben sie auch.
Univ.-Prof. Dr. Anita Rieder,
Curriculumdirektorin
Humanmedizin der Medizinischen Universität Wien
Personalentwicklung braucht die Politik
Die Konstituierung des neuen Nationalrats und das Einziehen vieler neuer Politiker in das Parlament sollte ein Anlass sein, das Anforderungsprofil unserer Volksvertreter einmal ernsthaft unter die Lupe zu nehmen. Als Begründung muss man nicht nur gewisse "Verhaltensauffälligkeiten" mancher Neomandatare während des Wahlkampfes heranziehen, auch die routinierte Sterilität der Persönlichkeit der Abgeordneten der etablierten Parteien wäre Grund genug, um die parlamentarische Personalkultur auf den Prüfstand zu stellen.

Nicht nur das multimediale Medienzeitalter verlangt von unseren Politikern ein völlig neues Herangehen an die politische Arbeit, auch der immer lauter werdende Ruf nach dem Einbeziehen von Elementen der direkten Demokratie macht eine Neudefinition des Anforderungsprofils des Politikers der Zukunft notwendig.
Kommunikator, Mediator und bis zu einem gewissen Grad thematisch kompetenter Entertainer muss der erfolgreiche und bei den Menschen beliebte Mandatar sein, ein Tausendsassa, da sich die Ereignisse nicht nur täglich, sondern oft stündlich ändern. Rund um die Uhr Erreichbarkeit und Omnipräsenz, das ist die Erwartungshaltung, die man in den Politiker neuen Typs hineinprojiziert. Wie aber ist es um die Kompetenz und die Psyche der Politiker wirklich bestellt? Keiner kann in die Köpfe hineinschauen, betonte der Gründer einer neuen Parlamentsfraktion. Im Drängen um Macht und Anerkennung tauchen Personen auf, die die bisher bekannte Ochsentour von Politfunktionären abkürzen und den politischen Aufstieg direttissima erklimmen wollen. Die Gefahren und Tücken, die auf dem Weg nach oben Realität sind, werden unterschätzt und geleugnet.
Alles wird dem Ziel der persönlichen Karriere untergeordnet. Dabei nimmt man den persönlichen Absturz in Kauf, der dann bleibende Imageschäden in der beruflichen und privaten Karriere hinterlässt. Dabei wäre es so einfach, was die Personalentwicklung in der Politik betrifft.
Es sind die immer wieder zitierten, aber zu wenig in die Personalpraxis gebrachten Soft-Skills, die den Kern eines bestechenden Personalprofils ausmachen und gerade für die Dienstleister in der Politik zutreffend sind. Emotionale Stabilität, soziale Kompetenz und Problemlösungskapazität, das sind die Schlüsselfaktoren einer erfolgreichen politischen Personalentwicklungskultur.
Dr. Franz Witzeling,
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