Venezuelas Präsident Hugo Chávez hat sich voriges Wochenende erneut nach Kuba verabschiedet. Dort setzt er derzeit seine Krebstherapie fort, nachdem ihm bereits im Juni ein bösartiger Tumor im Beckenbereich entfernt worden war. Der prekäre Gesundheitszustand des Präsidenten hat die Frage aufgeworfen, wer denn im Fall des Falles an seiner statt das Land regieren könnte.
Dabei stößt man auf eine weitere Parallele mit Kubas ehemaligem Máximo Líder Fidel Castro, mit dem Chávez nicht nur eine innige Freundschaft, sondern auch ein Faible für Sozialismus und starken Führungsstil sowie der Hass auf die USA verbindet. Denn so wie in Kuba, wo nach Fidels Krankheit dessen Bruder Raúl das Ruder übernommen hat, könnte irgendwann Chávez Bruder Adán die Macht im Land übernehmen.
Adán ist der älteste der sechs Chávez-Brüder und hat den knapp zwei Jahre jüngeren Hugo maßgeblich in seiner politischen Bildung beeinflusst. Der überzeugte Marxist soll Hugo Chávez in den 1980ern mit dem Guerilla-Führer Douglas Bravo zusammengebracht haben, der im Erdölreichtum Venezuelas ein Mittel zum politischen Wandel sah. Eine Idee, die Chávez offenbar verinnerlicht hat.
Adán, der ein Physik-Studium an der Universidad de los Andes abgeschlossen hat, erhielt unter der Amtszeit seines Bruders als Präsident bereits einige politische Schlüsselposten. Er war Unterrichtsminister und Botschafter in Kuba. Derzeit ist der 58-Jährige Gouverneur des westvenezolanischen Bundesstaats Barinas. Allerdings sieht es nicht so aus, als würde er diese Aufgabe mit Bravour absolvieren.
Barinas, der Heimat-Bundesstaat der Familie Chávez, ist der ärmste in Venezuela. Viele schon vor langer Zeit angelaufene Projekte harren dort noch immer ihrer Fertigstellung, darunter ein Fußballstadion, ein Einkaufszentrum und ein Museum. Analysten zufolge ist dies im besten Fall auf schlechte Verwaltung zurückzuführen im schlechtesten das Ergebnis korrupter Beamter, die die dafür vorgesehenen Gelder zu ihren Gunsten umleiten.
Da wundert es wenig, dass es heißt, Adán fehle der Draht zur armen Bevölkerung, der eines der Fundament der Macht seines Bruders ist. Auch an Charisma fehle es ihm gegenüber seinem Bruder. Dennoch: Halb im Spaß, halb im Ernst nennt ihn Hugo selbst bereits seinen "Nachfolger".
Die fehlenden Vorzüge ist Adán offenbar bereit, mit Gewalt wegzumachen. Bei einem Gebet für seinen Bruder am Wochenende erinnerte er dessen Anhänger an die Worte Che Guevaras, laut denen der bewaffnete Kampf ein probates Mittel zur Durchsetzung der Revolution sei.