"Was ein Mann schöner is wie ein Aff, is ein Luxus" – gegen das Friedrich-Torberg-Zitat meiner Oma sprach nur der Zeitgeist. Nachdem wir Männer uns ab den 90er Jahren zu waschen begannen (man nannte das metrosexuell), waren die 2010er Jahre die Ära des (gepflegten) Bartes und der (gepflegten) Bartträgermusik (das titellose Bon-Iver-Album von 2011 etwa kann man sich schenken): Siehe auch das gehobene Hipstertum und Schränke von Männern im Holzfällerlook (die Lumbersexuellen kamen!). Gipfelpunkt aber war der Männerdutt. Verschenken Sie eine Vorratspackung mit Zehnerjahre-Gedenk-Man-Bun-Gummis. Sollten die Zeiten wieder schlechter werden, kann man sich damit nicht nur einen Trend einrexen. Auch das luftdichte Verpacken selbst erlegter Notfallrationen aus dem Wald gelingt damit garantiert.( Andreas Rauschal)
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Die 2010er-Jahre waren das Jahrzehnt der französischen Schriftstellerinnen. Hat man hierzulande zuvor Literatur made in France vor allem mit Michel Houellebecq verbunden, traten nun die Frauen auf den Plan: Den Anfang machte Virginie Despentes mit ihrer durchgeknallten "Vernon Subutex"-Trilogie. Auf gut 1000 Seiten entwirft die 57-jährige Pariserin darin ein deftiges Gesellschaftspanorama, das aufzeigt, wie Menschen unter neoliberalem Leistungsdruck verrohen. Endlich wurde auch Annie Ernaux, 79, in Frankreich längst eine literarische Legende, im deutschsprachigen Raum entdeckt. Ihre Romane über ihre Herkunft aus dem Arbeitermilieu – "Die Jahre", "Erinnerungen eines Mädchens", "Die Frau" – basieren auf einem neuartigen und einzigartigen autobiografischem Schreibprozess. Ein Geheimtipp ist die französisch-marokkanische Autorin Leïla Slimani, 39, deren Ehebruch-Roman "All das zu verlieren" (2019) zu Recht mit "Madame Bovary" verglichen wurde. Jedes, wirklich jedes dieser Bücher verdient eine Empfehlung. (Petra Paterno)
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A-Team, Batman, Ghostbusters, neue X-Akten: Die Bildschirmerfolge der Vorjahre beruhten recht selten auf Neuerfindungen. Umso erfreulicher die Ausnahmen, hierzulande etwa die TV-Serie "Schlawiner". Anfang der Zehnerjahre erstmals ausgestrahlt, versammelt die Comedy ein Kuriositätenkabinett an tatschwachen, dafür aber wortreichen Figuren (vom Eso-Guru über den Kifferkönig bis zum Westentaschen-Unternehmer) und lässt sie in hanebüchenen Wendungen aufeinanderprallen. Gibts auch noch auf dem Zehnerjahre-Medium DVD. (Christoph Irrgeher)
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Es war einmal die Floppydisk. Nein, keine wabbelige Scheibe, sondern eine Diskette zum Speichern von allerlei Daten. Doch nicht zu viele Weihnachts-Familienbilder durften es sein, denn der Speicherplatz setzte enge Auswahlgrenzen. Die CD bot dann schonmehr Kapazität – doch die Familie wuchs unaufhörlich weiter. Bald wurde es auch auf der CD eng. Aus diesem Grund musste diese dem USB-Stick weichen. Doch nicht genug: In den 2010er Jahren griff man nicht nach den Sternen, sondern nach den Wolken. Die "Clouds" auf externen Speichern bieten unbegrenzt Platz mit Zugriffsmöglichkeiten für jeden einzelnen der Familie. Freilich nicht kostenlos, aber kostengünstig im Monatsabo. Ein Geschenk an sich selbst, um nun alle Fotos der diesjährigen und auch der künftigen Weihnachten auf einem Speichermedium festzuhalten – ohne familieninterne Diskussionen.(Verena Franke)
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Zwei Spieler versuchen, fünf Spielsteine so in eine Reihe zu legen, dass jeder von ihnen bei jeder Setzung für sich selbst einen Vorteil und einen Nachteil für seinen Gegner schafft. Schon die Römer bereiteten sich diesen intelligenten Zeitvertreib. Spätere Generationen spielten das mit unterschiedlichen Zahlen der Spielsteine. Immer aber konnten nur zwei Spieler teilnehmen. 2017 kam "Shiftago" auf den Markt und denkt das alte Spiel weiter. Es war eine glorreiche Veröffentlichung. Dank "Shiftago" können zwei bis vier Spieler gegeneinander antreten. Drei Varianten sind möglich von "einfach" (persönliche Anmerkung: Ich habe gegen Marcus L. gewonnen!) bis "sehr schwierig" (persönliche Anmerkung: Wer verrät mir, wie ich endlich gegen Evelyn S. gewinnen kann?). Von "Shiftago" bekommt man nicht genug. Weg mit dem Autismus der PC-Spiele! Und wenn man beim Spielen so nebenbei miteinander ins Gespräch kommt und sich einfach freut, dass man Zeit miteinander verbringt, hat obendrein auch der Hintergedanke dieses Tipps noch Früchte getragen. (Edwin Baumgartner)
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Er ist nicht nur allein zu Hause, sondern saugt auch. Die Rede ist von Kevin, dem alles in sich hineinfressenden Monster. Was bereits 1985 mit dem nahezu tölpelhaften Tomy Dustbot begann, mauserte sich im zu Ende gehenden Jahrzehnt zur smarten Haushaltshilfe. Sie wird per App bedient, erstellt einen Raumplan und fährt los. Clever und smart. Wären da nicht Kinder, die mehr als nur Staub hinterlassen. Mit T-Shirts, Chipssackerln und Stiften hat Kevin keine Freude. Im Befehlston meldet er: "My brush is tangled. Please clean my brush!" Doch sind die Grundvoraussetzungen für eine reibungslose Fahrt geschaffen, kann das Vorhaben nur noch aufgrund eines leeren Akkus scheitern. Ein sauberes Geschenk. (Alexandra Grass)
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Eine alles überstrahlende Hervorbringung der 2010er Jahre sind die Internet-Selbstdarsteller, im Fachjargon auch "Influencer" genannt. Diese meist jungen Mädchen und Buben machen ihr eigenes Fernsehen, in dem sie Tipps zu unzähligen Themen abgeben, von denen sie eigentlich keine Ahnung haben. Dieses Internet-Phänomen hat sich derartig in den Alltag der konsumierenden Jugend geschlichen, dass wir genau dieser Jugend empfehlen, es ihren damit reich gewordenen Vorbildern gleichzutun: Das (E-)Buch "Instagram Influencer werden" enthält eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie man mit Followern Geld verdient. Verfasst hat es Lara Brockhaus, die nur den Namen des berühmten Lexikons trägt, unter dem vielsagenden Namen @theblondestories allerdings weniger Wissensthemen behandelt, sondern von Mode, Food und Travel schwatzt. (Matthias Greuling)
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Wer ein Geschenk für die Zielgruppen zwischen 6 und 50 sucht, der sollte sich am Markt der Retro-Konsolen umsehen. Von Atari über Nintendo bis zu Sony reicht die Palette der Möglichkeiten. Wer zu Beginn der 2000er Jahre dem Bann der (wieder-)aufblühenden Videospielkonsolen erlegen ist, und davor schon am Fernsehgerät gespielt hat, darf nun auf der Nostalgiewelle reiten. Alles im Miniformat, mit Spielkontroller und vorinstallierten Spielen und einem HDMI-Anschluss. Vergnügliche Stunden und eine ruhige Weihnachtszeit sind im Preis inkludiert. (Gregor Kucera)
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Schon wieder vorbei? Ziemlich sicher sind die Zehnerjahre die am schnellsten vergangenen neun Jahre der Weltgeschichte. Ja, sagt man immer, aber diesmal stimmts. Denn Trends, Technologien, Medien und eigentlich sonst auch alles legte in dem Jahrzehnt gewaltig an Tempo zu. Wer es anachronistisch entschleunigt will, der sollte zur Literatur greifen. Robert Seethalers Roman "Ein ganzes Leben", rückwärts blickend auf eine berührende Allgemeingültigkeit, ist eine leise, aber dringliche Gegenstimme zur entgleisten Unterhaltungskultur à la Kim Kardashian. Ganz verleugnen kann der Roman sein Ursprungsjahrzehnt nicht – ist er doch in einer hohen Geschwindigkeit auch wieder ausgelesen. Um der Ära treu zu bleiben, sollte das dokumentiert werden: Nicht vergessen, einen Selfiestick mitzuschenken. (Christina Böck)
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Naseweise werden sagen: Ein neues Jahrzehnt beginnt mit 1. Eh, aber trotzdem kommt (so bald) kein Zehnerjahr mehr. Daher ist Zeit für einen kleinen Rückblick auf Hervorbringungen der vergangenen neun Jahre – ganz pragmatisch in Hinblick auf ihre Gabentisch-Tauglichkeit.
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