Brüssel. Ausgerechnet ein Parteifreund: Es war der Präsident der Europäischen Sozialdemokraten, der dem rumänischen Premier Victor Ponta die Ermahnung zukommen ließ. Sergej Stanischew kündigte an, dass das Referendum zur Absetzung von Staatspräsident Traian Basescu unter Beobachtung der EU-Kommission stehen werde. Und auch unter den ranghöchsten Sozialdemokraten im EU-Parlament gibt es mittlerweile weniger Unterstützungsbekundungen für die Mitte-Links-Regierung in Bukarest als noch vor einigen Tagen. Dennoch sind die Grade der Empörung über die jüngsten Gesetzesänderungen und Versuche, Kompetenzen von Institutionen wie des rumänischen Verfassungsgerichtes zu beschneiden, unterschiedlich. Sie verlaufen entlang der parteipolitischen Grenzen - einer Linie, die im Abgeordnetenhaus der Union oft weit mehr verwischt ist als in den nationalen Volksvertretungen. In Brüssel und Straßburg müssen die Mandatare nicht für oder gegen eine Regierung votieren, und oft gibt es in den einzelnen Fraktionen selbst Abweichler vom generellen Abstimmungsverhalten.

Klarer werden da die Konturen der Parteien, wenn es um Kritik am anderen politischen Lager geht. Als der konservative ungarische Ministerpräsident Viktor Orban die Macht seiner Partei mit umstrittenen Verfassungsänderungen stärken wollte, hagelte es Proteste vor allem von der linken Seite. Bei den Aktionen des Kabinetts von Ponta kommen sie am heftigsten vom rechten Flügel. Ein ähnliches Bild gaben - und geben - die Reaktionen der Regierungen anderer EU-Staaten ab. Da kommt auch noch eine weitere Bruchlinie zu tage: Die älteren westeuropäischen Mitglieder sind viel schneller mit Verurteilungen und Belehrungen als die jüngeren osteuropäischen.

Dennoch sollte jedes Land das Recht haben, ebenfalls von anderen einzufordern, was gemeinsam vereinbart wurde. Denn der Druck von außen kann etwas bringen, was unterlassen worden wäre, würde ein Konflikt nur auf nationaler Ebene ausgetragen. So ist Budapest auf Forderungen der EU eingegangen und hat besonders kritisierte Gesetze wieder korrigiert. In Bukarest hegen ebenso etliche Beobachter die Hoffnung, dass der Export des Problems nach Brüssel zu dessen Lösung beitragen wird. Einer Lösung, die demokratischen Standards entspricht.

Daher ist nun - noch mehr als das Europäische Parlament - eine andere EU-Institution gefragt: die Europäische Kommission. Sie nennt sich ja Hüterin der Verträge, und ihre Aufgabe ist es, zu überprüfen, ob die Mitglieder EU-Recht einhalten. Dieses umfasst auch die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit. Bei schwerwiegenden Verstößen gegen solche Werte können einem Staat sogar gewisse Stimmrechte in der EU entzogen werden, was bisher freilich noch nicht passiert ist.

Bei Rumänien hat die Kommission für ihre Verhältnisse rasch reagiert und ihre Sorge zum Ausdruck gebracht. Das allein würde aber nicht viel bedeuten. Nun muss die Brüsseler Behörde weitere Schritte prüfen - und setzen. Auch dabei sollte sie sich nicht allzu viel Zeit lassen.