Der Bühnenboden ist mit giftgrünem Kunstrasen ausgelegt, Plastik-Farne und Schlingpflanzen vermauern Wege, und meterhohe Grünpflanzen aus Kunststoff verwandeln die Bühne des Burgtheaters in einen unübersichtlichen Kunststoffwald.
In diesem botanischen Alptraum (Bühne: Stéphane Laimé) soll nun Woody Allens luftige Wald-und-Wiesen-Farce "Eine Mittsommernachts-Sex-Komödie" erotische Funken schlagen? Kein einfaches Unterfangen. Woody Allens Streifen kam 1982 in die Kinos. Von der Filmkritik wurde das Werk nicht besonders gut aufgenommen, dafür entwickelte sich "Eine Mittsommernachts-Sex-Komödie" seit seiner Uraufführung 1988 zum veritablen Bühnenhit.
Das Allensche Verwirrspiel der Gefühle besticht vor allem durch seine Dialoge. Der Filmemacher versteht es, die verbal-amourösen Lockerungsübungen seiner Protagonisten in pointenreiche Wortgefechte zu verpacken: Gepflegte Konversation schlägt hier permanent in sexuelle Verzweiflungsarien um, wobei Liebesschwur und -verrat bisweilen nicht einmal zwei Sätze voneinander entfernt sind. "Eine Mittsommernachts-Sex-Komödie" ist um die Jahrhundertwende angesiedelt; Regisseur und Burg-Chef Matthias Hartmann belässt die Aufführung ebenfalls im historischen Setting: In züchtiger Rüschenbluse und mit akkurat gebundener Krawatte (Kostüme: Tina Kloempken) verhandeln die Schauspieler unverblümt ihre Erosprobleme.
Dabei variiert das Bühnenstück gekonnt eine klassische Komödienkonstellation: Drei Paare aus der Stadt verbringen ein Wochenende in einem Landhaus. Jeder versucht sich vom eigenen Partner wegzustehlen, um sich heimlich mit einem anderen zu vergnügen. So gut wie jede Annäherung misslingt, stattdessen entstehen unerwartete neue Zweckbündnisse. Am Ende wird eine Ehe gerettet, eine verhindert, eine gestiftet.
Schöner scheitern
Den schwierigsten Part übernimmt wohl Michael Maertens. Er spielt Andrew, jene Rolle, die Woody Allen sich selbst zugedacht hat. Maertens verkörpert den zerknautschten Schwerenöter, dem stets ein Hemdzipfel aus der Hose lugt, mit Bravour. Andrew betätigt sich zudem als glückloser Hobby-Erfinder, dessen eigentümlich-technische Neuerungen - darunter ein fliegendes Fahrrad - regelmäßig mit Karacho zu Bruch gehen: schöner Scheitern mit einem grandiosen Michael Maertens. An seiner Seite wirkt Dorothee Hartinger als Ehefrau Adrian fast schon zu erdenschwer. Maertens spielt während der gesamten zweistündigen Aufführung, als wäre seine Figur nicht ganz bei Trost. Vollends außer Fassung gerät er, als seine unerfüllte Jugendliebe überraschend als zukünftige Braut eines greisen Professors (souverän: Martin Schwab) zu Besuch kommt.
Erotisches Epizentrum
Im Film wird die Angebetete von Mia Farrow dargestellt. Am Burgtheater tritt Sunnyi Melles auf - und ist das erotische Epizentrum des Abends. In einer Art somnambulen Schwerelosigkeit verdreht sie den Männern reihum den Kopf, allen voran dem Womanizer Maxwell (hemdsärmelig: Roland Koch). Liliane Amuat trägt die Rolle der dümmlichen Nymphomanin Dulcy mit Fassung und rettet sich mit Dauergrinsen durch manch unwürdige Szene.
Trotz gewitzter Dialoge, raffinierter Dramaturgie und achtbarer bis herausragender schauspielerischer Leistungen bleibt der Abend in der Regie des Hausherrn unter seinen Möglichkeiten. In der Weitläufigkeit der Burgtheaterbühne verliert das kammerspielartige Treiben deutlich an Intensität. Einen eigenen Ton, ein stimmiges Tempo findet das Spiel nicht: Manch eine Szene kommt getragen daher, dann wieder dominiert die Rasanz.
Einmal heißt es in dem Stück: "Das Traurigste sind die verpassten Gelegenheiten." Das gilt, irgendwie, auch für diesen Theaterabend.