Sofia. Das Referendum über den Bau eines neuen Atomkraftwerks in Bulgarien ist an der geringen Beteiligung gescheitert. Nach vorläufigen Angaben beteiligten sich weniger als jeder Vierte. Nun muss wohl das Parlament in der Frage entscheiden.
Diejenigen, die trotz Neuschnee und Eiseskälte zur Abstimmung gegangen waren, sprachen sich mit 60,5 Prozent für das mit Russland geplante AKW-Neu-Projekt in Belene aus. 38 Prozent lehnten es ab. Die Regierung unter Premier Bijko Borissow hatte das Projekt 2012 aus Kostengründen beim russischen Lieferanten Atomstrojexport storniert.
Ministerpräsident Borissow hatte bereits angekündigt, dass seine GERB-Partei (Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens) das Belene-Projekt im Parlament ablehnen werde. Ein Endpreis von mehr als 10 Milliarden Euro sei für das ärmste EU-Land untragbar hoch, begründet Borissow. Zudem fürchtet man, auf dem Gebiet der Stromversorgung noch stärker von Russland abhängig zu werden. Auch Umweltschützer lehnen den AKW-Bau wegen der Erdbebengefahr am Standort ab. Die frühere EU-Kommissarin aus Bulgarien, Meglena Kunewa, rief zum Boykott des Referendums auf. Kunewa bemängelte, dass die Bürger nicht ausreichend informiert wurden.
Statt Belene möchte Borissows Regierung im alten Atomkraftwerk Kosloduj an der Donau einen neuen Reaktor bauen lassen. Dort waren als Voraussetzung für den EU-Beitritt des Landes vier der insgesamt sechs Reaktoren sowjetischer Bauart stillgelegt worden.
Die oppositionellen Sozialisten, die das Referendum über Belene durchgesetzt hatten, feierten trotz der niedrigen Wahlbeteiligung einen Etappensieg und versprachen den Bau, falls sie die Parlamentswahlen im Sommer gewinnen.