Budapest/Genf. Das UN-Menschenrechtskommission hat die Verfassungsänderungen in Ungarn scharf kritisiert. Die Maßnahmen seien ein Schlag für die Unabhängigkeit des Justizsystems des Landes, erklärte der Sprecher Rupert Colville am Freitag in Genf. Die Änderungen seien ohne angemessene öffentliche Diskussion erfolgt, die Inhalte könnten "tiefgreifende Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Menschenrechte durch das ungarische Volk" nach sich ziehen. Bedroht seien "die Unabhängigkeit der Justiz, die Autorität und Rechtsprechung des Verfassungsgerichts" und "der Rechtsstaat an sich".
Die Änderungen waren am Montag von der konservativen Regierungsmehrheit von Ministerpräsident Viktor Orban beschlossen worden. Zu den Kernpunkten zählt die weitgehende Entmachtung des Verfassungsgerichts. Dem Staatspräsidenten wird nur noch das Recht zugestanden, Gesetze auf Formfragen zu überprüfen. Zahlreiche EU-Regierungen hatten die Verfassungsänderung als Verstoß gegen europäische Werte kritisiert. Orban wies Kritik an den Maßnahmen zurück. Seit seinem Amtsantritt 2010 ist es bereits die vierte von ihm vorangetriebene Verfassungsänderung.
Der Vorsitzende der CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber, erklärte am Freitag, Ungarn schränke "ungeniert zum wiederholten Male Grundrechte ein und erlässt Verfassungsänderungen, die nicht mit dem demokratischen Rechtsverständnis in der EU vereinbar" seien. Die EU-Kommission forderte er auf, zu prüfen, ob die Verfassungsänderung mit den europäischen Regeln vereinbar sei. Gegebenenfalls könne ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden.