Belgrad/Brüssel. (czar/vee) Ein paar Tage noch, bis zum Ende der Woche - so lange muss sich Serbien gedulden, um das definitive Datum für den ersehnten Start von Beitrittsverhandlungen mit der EU genannt zu bekommen. Zwar berieten die europäischen Außen- und Europaminister darüber bereits bei ihrem Treffen in Luxemburg, doch werden es ihre Staats- und Regierungschefs sein, die den Termin fixieren. Die kommen am morgigen Donnerstag zu einem zweitägigen EU-Gipfel in Brüssel zusammen.
Allerdings wird die Regierung in Belgrad an diesem Tag ihre Aufmerksamkeit auch auf eine andere Hauptstadt richten. Im Bundestag in Berlin steht nämlich eine Abstimmung über den Beginn der Gespräche mit Serbien an. Falls sich die Abgeordneten gegen die Festlegung eines Datums aussprechen, wird es für Bundeskanzlerin Angela Merkel schwierig, beim Treffen mit ihren Amtskollegen eine andere Entscheidung mitzutragen.
Dass die Beitrittsverhandlungen - wie von Serbien erhofft und von Österreich etwa erwünscht - bereits heuer beginnen, gilt als eher unwahrscheinlich. Diplomatenkreisen zufolge einigten sich die EU-Außen- und Europaminister am Dienstag in Luxemburg aber darauf, dass die Beitrittsverhandlungen "allerspätestens Jänner 2014" starten.
Großer wirtschaftlicher Aufholbedarf Serbiens
Von der EU-Perspektive soll vor allem die serbische Wirtschaft profitieren. Wirtschaftlich steht das Land aktuell auf eher wackeligen Beinen. Daraus macht selbst der Premier Ivica Dacic keinen Hehl. "Wir erreichen heute gerade erst einmal 65 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, das wir 1989 hatten", sagte er vor Kurzem bei einer Rede in Furth bei Göttweig. "Unsere Länder (die Länder am Balkan, Anm.) sind Jahrzehnte von ihren (europäischen, Anm.) Ländern entfernt."
Serbien startete mit zehnjähriger Verspätung seine Transformation weg vom sozialistischen Erbe. Während sich Länder wie Polen oder die baltischen Staaten in den 1990er Jahren auf den Weg in Richtung Europa machten, wurde am Balkan Krieg geführt und Serbien vom Westen mit Sanktionen belegt. Die Wirtschaft brach in dem Kriegsjahrzehnt weitgehend zusammen. Einheimische sprechen heute über diese Zeit von den "verlorenen Jahren".
Die Zeit ab der Jahrtausendwende brachte neben der Demokratisierung des Landes zwar Wachstumsraten von im Schnitt fünf Prozent jährlich - das Bruttoinlandsprodukt (BIP) kletterte vom historischen Tief im Jahr 2000 von 6 auf 47 Milliarden US-Dollar im Jahr 2008. Nachhaltig war die wirtschaftliche Entwicklung jedoch nicht.