Rom. Neun Tage vor dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien beginnt in den norditalienischen Regionen Lombardei und Venetien eine Kampagne für eine Autonomie-Volksbefragung am 22. Oktober. Dabei sollen sich die Wähler zur Frage äußern, ob der Region "zusätzliche Formen der Autonomie" gewährt werden sollen.
Das Ergebnis der Befragung ist nicht verbindlich. Ziel der beiden von der föderalistisch orientierten Lega Nord regierten Regionen ist, nach dem Referendum Verhandlungen mit der Regierung in Rom aufzunehmen, um die regionalen Kompetenzen auszudehnen.
15 Milliarden an Rom
Venetien befinde sich zwischen zwei Regionen mit Sonderstatut, Trentino-Südtirol und Friaul-Julisch Venetien, argumentierte der Präsident Venetiens, Luca Zaia. "Während diese beiden Regionen 90 Prozent der Steuergelder behalten können, müssen wir Venezianer 15 Milliarden Euro pro Jahr nach Rom schicken. Wir wollen Herr in unserem Haus sein", so Zaia im Interview mit der Tageszeitung "Il Fatto Quotidiano" am Freitag. Das Referendum über die Autonomie in der Lombardei und in Venetien müsse wie die Proteste in Barcelona ernst genommen werden, mahnte Zaia, Spitzenpolitiker der ausländerfeindlichen Oppositionspartei Lega Nord.
Zaias Ziel sind nicht die Vereinigten Staaten Europas, sondern ein Europa der Kantone nach Schweizer Modell. "Alle sind terrorisiert vor der Aussicht, dass sich Staaten ändern könnten. Doch auch die Dinosaurier sind verschwunden", meinte Zaia.
Gewählt wird am 22. Oktober mit einem elektronischen System, wie der Präsident der Lombardei, der Lega-Nord-Politiker Roberto Maroni, ankündigte. Sollte eine große Mehrheit der lombardischen Wählerschaft "Ja" zum Referendum sagen, will Maroni Druck auf Rom machen, damit mindestens 50 Prozent der Steuergelder, die die Lombardei nach Rom entsendet, in der Region bleiben. Damit könnte die Lombardei über zusätzliche 27 Milliarden Euro pro Jahr verfügen, argumentierte Maroni.
Rom nennt es "Verschwendung"
Die Demokratische Partei (PD) um Ex-Premier Matteo Renzi kritisierte die Volksbefragung, die nicht verbindlich sei und die öffentlichen Kassen teuer zu stehen komme. Die Region habe bereits mehrere Millionen Euro für den Erwerb von Tablets locker gemacht, mit denen elektronisch gewählt werden soll. Darüber hinaus habe die Lombardei öffentliche Gelder für 15 Werbespots in verschiedenen Varianten des lombardischen Dialekts ausgegeben, die von regionalen TV-Kanälen vor dem Referendum ausgestrahlt werden sollen. "Das ist reine Verschwendung öffentlicher Gelder", meinte Landwirtschaftsminister Maurizio Martina (PD).