Aus für die Internationalen Haydntage auf Schloss Esterházy: Nur noch dieses Jahr und voraussichtlich 2016 wird das Festival am barocken Schauplatz stattfinden, dann muss es ein neues Domizil finden. Schuld daran ist ein schwelender Streit des Trägervereins, der Burgenländischen Haydnfestspiele, mit dem Vermieter, der Esterházy-Stiftung. Beide zeihen einander der Scheinverhandlungen. Die Differenzen sind unüberbrückbar: Am heutigen Freitag gab Esterházy-Sprecher Karl Wessely in einer Pressekonferenz bekannt, dass die Stiftung den Mietvertrag mit dem Festival nicht verlängert. Der Eigentümer will sein Schloss - Joseph Haydns zentrale Wirkungsstätte - ab 2017 ganzjährig mit einem eigenen Kulturprogramm bespielen und so die Musik des Genius loci weiterhin pflegen.

Wer Schuld an dem Zerwürfnis trägt? Glaubt man Walter Reicher, Intendant der Haydntage seit Ende der 80er Jahre, ist es die Gegenseite. Rückblende: Ende 2009 fiel das Schloss, nach einem Streit mit dem bisherigen Pächter, dem Land Burgenland, an den Eigentümer zurück. Dieser begann daraufhin, eine Kooperation mit seinem Mieter, dem Festival, anzustreben. Glaubt man Reicher, hegte der burgenländische Großgrundbesitzer aber nie echtes Interesse an einem Ergebnis: Kaum sei im Laufe der Verhandlungen ein Konsens erzielt worden, hätte Esterházy diesen "beiseitegelegt und neue Forderungen erhoben". Vermuteter Zweck: Die Haydntage sollten dadurch als uneinsichtig hingestellt werden, um sie so mit gutem Grund hinauszukomplimentieren. Reicher betont, stets für Lösungen, "die organisatorisch, finanziell und künstlerisch Sinn ergeben", offen gewesen zu sein. Eine Einmischung in das Festival hätte er sich aber verbeten.

Die Esterházy-Stiftung wiederum zeiht das Festival des Wortbruchs. Im Interview mit der "Wiener Zeitung" zeigt Sprecher Karl Wessely einen Vertrag vor. Dieser ist am 20. November 2009 von der Esterházy-Stiftung und dem Vorstand der Burgenländischen Haydnfestspiele unterzeichnet worden und sieht dezidiert "gemeinsame Aktivitäten" vor. Trotz jahrelanger Gesprächsanbahnungen sei das Festival dann aber zu keiner Übereinkunft bereit gewesen. Ja, weniger noch: Der Mieter habe sich zuletzt klar gegen die - bereits paktierte - Zusammenarbeit gestellt.

Aber muss Esterházy denn darum das Traditionsfestival (das alljährlich nur elf Tage im September dauert) gleich ausquartieren? Wessely stört sich nicht nur an mangelndem Verhandlungserfolg. Es sei auch inakzeptabel, dass das Festival seinen Vermieter zuletzt vehement in den Medien angriff. Überdies fühlt man sich ungerecht behandelt von der Politik. Hintergrund: Seit Jahren tobt ein Rechtsstreit um Schloss Esterházy. Die Stiftung hat das Burgenland geklagt, weil es sich als Pächter mangelhaft um die Immobilie gekümmert habe. Das Gesprächsklima mit Kulturlandesrat Helmut Bieler (SPÖ) sei seither schwer belastet. Und der gehört nicht nur der Regierung an, er ist überdies Vorstandsvorsitzender der Burgenländischen Haydnfestspiele. Ebenfalls in dem Gremium ist Thomas Steiner (ÖVP) vertreten, Bürgermeister von Eisenstadt. Mit ihm, so das kolportierte Freund-Feind-Schema, verstünde sich die Esterházy-Stiftung deutlich besser. Deren Vorstand Stefan Ottrubay hat Steiner dann auch am Donnerstag getroffen und ihn über die Entscheidung informiert, den Mietvertrag zu beenden.

Wie geht es nun weiter? "Wir generieren Konzepte, es gibt schon ein paar nette Ideen", sagte Reicher noch vor wenigen Tagen zur "Wiener Zeitung" für den Fall, dass er den historischen Haydnsaal im Schloss Esterházy verlieren würde. Wessely wiederum lässt derzeit ein Konzept für eine "qualitätsvolle" Ganzjahresbespielung entwickeln und will es in "zwei, drei Monaten" präsentieren.

Ob Reicher das Schloss bereits nach 2016 räumen muss, ist nicht ganz klar. Die Esterházy-Stiftung hat heuer nämlich noch eine Verlängerung des Mietvertrags von 2016 auf 2017 angeboten und einen entsprechend umgeschriebenen Kontrakt an das Festival geschickt. Zwar wurde das Angebot letztlich zurückgezogen, Reicher hält es dennoch für verbindlich. Wessely sieht dies anders: Die Esterházy-Stiftung hätte zwei Monate vergeblich auf eine Antwort der Gegenseite gewartet und ihr Offert dann in einem juristisch "wasserdichten" Schreiben für erloschen erklärt. Laut Reicher versuchen Experten des Landes derzeit, die Rechtslage zu klären. Der Streit geht also in eine weitere Runde.

Die Haydntage tun es derzeit auch. Am Donnerstag hat die heurige Festivalausgabe begonnen - noch im dafür prädestinierten Rahmen.