Wenn Helmut Klewan durch die aktuelle Sonderausstellung in der Orangerie im Unteren Belvedere führt, erfahren selbst jene, denen moderne Malerei bislang wenig bis gar nichts bedeutete, einen vergnügten Zugang zum Kunstgeschehen des 20. und 21. Jahrhunderts. Insgesamt 193 Werke von mehr als 50 Künstlern aus seiner umfänglichen Sammlung sind in der Schau vertreten. Über alle Urheber der in der Ausstellung vertreten Werke weiß Klewan Bemerkenswertes zu berichten – die meisten von ihnen kennt oder kannte er persönlich.

Bei den beiden Gemälden der 1966 in Bludenz geborenen und heute in Wien wirkenden Malerin Regina Götz angekommen, stellt er diese dem Publikum als "Österreichische Frida Kahlo" vor. Sie sei "die langsamste Malerin auf unserem Planeten", sagt Klewan; nur alle zwei Jahre vollende sie ein Bild. Der surreale Touch ihrer geheimnisvollen Bilder fasziniert ihn. Die beiden in der Ausstellung vertretenen, hier abgebildeten Gemälde zählt Klewan zu den Hauptwerken der von ihm geschätzten Künstlerin.

Die Mittlerrolle der Tiere

Für ihre Werke – die meisten zeigen Selbstporträts mit Tieren – vergibt Regina Götz, die zu den Lieblingsschülerinnen von Maria Lassnig zählt, fast nie Titel. "Um die Betrachter nicht von vornherein auf eine bestimmte ,Fährte‘ zu locken", war von der Künstlerin zu erfahren. "Was man schon sagen kann, ist, dass die Tiere auf den Bildern als Vermittler fungieren können, die es dem Betrachter vielleicht leichter machen in die Bilder einzusteigen . . . so, wie wenn man mit einem Hund auf der Straße spazieren geht, da kommen Menschen auch viel eher auf einen zu, als wenn man alleine unterwegs ist".

Hinsichtlich des langwierigen Entstehungsprozesses ihrer Werke meint Regina Götz, dass sie deshalb immer so lange an ihren Bildern arbeitet, weil es für sie das Wichtigste sei, dass der Augenausdruck für sie stimmt und "das Bild sozusagen zurückschaut". Da gehe eben jede Menge Zeit drauf, bis es endlich für sie passt.

Im Alter von 23 Jahren hatte Regina Götz eine Operation, bei der ihr der Kehlkopf entfernt wurde, seither hat sie keine Stimme. Weil der für sie lebensnotwendige Filter im Halsbereich bei ihren Selbstporträts stets mit abgebildet ist, neigen manche Interpreten zu speziellen Deutungen. Ob es sie ärgert, dass sie wegen ihrer Krankheit des Öfteren mit Frida Kahlo verglichen wird, wollen wir wissen. Dazu Regina Götz: "Ich schätze Frida Kahlo natürlich sehr . . . also, ärgern tu ich mich da in keiner Weise, wenn ich in ihrem Zusammenhang genannt werde, aber ich denke, unser Umgang mit der jeweiligen persönlichen Krankengeschichte ist doch sehr verschieden – ich bemühe mich auch immer ein wenig, Witz und Humor in die Bilder zu stecken, und sie war da, glaube ich, ernster."

Tatsächlich lassen sich manche Werke Götzes ebenso tragisch wie auch heiter lesen. Recht witzig erscheint das Selbstporträt der Künstlerin als nackte Salome (1997), die einen abgeschnittenen Kopf auf einem Tablett präsentiert. Bei Letzterem handelt es sich nicht um das Haupt des Johannes, sondern um jenes des grünen Politikers Wolfgang Zinggl.

Print-Artikel erschienen am 11. Mai 2017
in der Kolumne "Museumsstücke"
In: "Wiener Zeitung", Beilage "ProgrammPunkte", S. 7