
Seit mehr als 20 Jahren betreut der 60-jährige Kulturanthropologe und Kunsthistoriker die Ausstellung im Wiener Bestattungsmuseum - einem Ort, der den Totenkult in allen nur erdenklichen Varianten beleuchtet.
So zählen zu den 650 Exponaten nicht nur der aus Sparsamkeitsgründen von Joseph II. eingeführte Klappsarg, der Tote etwas unsanft ins Grab fallen ließ. Ebenfalls zu sehen sind das Herzstichmesser, das sicher stellen sollte, nicht lebendig begraben zu werden, oder der Rettungswecker, der Hilfe versprach, falls dies doch einmal passierte.
Zuletzt im Kombi fahren
Auf eigene Faust kann man das Museum allerdings nicht erkunden, das ist nur mit Führung möglich. Und die macht Keller stets selbst. Wenn er dabei von den ausziehbaren Katalogen erzählt, mit deren Hilfe sich die feine Wiener Gesellschaft die überbordende Inszenierung der eigenen "schenen Leich" von den Bestattungsunternehmen schmackhaft machen ließ, dann sprudelt es nur so heraus vor Begeisterung. Und zwischendurch, wenn man bei der Leichenkutsche angelangt ist, fällt auch schon einmal ein Satz wie "Als letztes fahren Sie immer einen Kombi".

Euphorie und Nonchalance: Ist das angesichts des Themas nicht inadäquat? Denn schließlich ist das Sterben nicht fröhlich und über den Tod macht man schon gar keine Scherze. Doch bei Keller hat das nichts mit Pietätlosigkeit zu tun. Vielmehr hat das Ganze Methode und ein didaktisches Konzept im Hintergrund, das sich überall wiederfindet.
"Hier erschreckt man sich nicht vor dem Tod, sondern man kann das Thema - überspitzt formuliert - fast lieb gewinnen", erklärt Keller: "Und das müssen wir letztendlich auch, denn irgendwann betrifft es uns alle". Der Tod als Inszenierung, dessen Vermittlung als dialogorientiertes und spielerisches Lernen. "Ein ungewöhnliches Thema verlangt eine ungewöhnliche Didaktik", sagt Keller, der auch die gerade im Künstlerhaus zu sehende Ausstellung "exitus" kuratiert hat.
"Sehr vitales Thema"
Die Möglichkeit, das Unausweichliche aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, ist für Keller überhaupt eine der zentralen Aufgaben seines Museums. Kein hierarchisch erhöhter Übervater, über den man nicht spricht, soll der Tod sein, sondern "ein Begleiter", den man akzeptiert.
Und so erzählt Keller, der auch als Universitätslektor Vorlesungen über die letzten Dinge hält, auch nur allzu gern von Mexiko. Weil man dort nicht, wie bei uns, einmal im Jahr in die Totenstädte pilgert, sondern die Seelen der Verstorbenen vom Friedhof nach Hause holt und mit ihnen isst und trinkt. "Andere Kulturen haben da oft ein stimmigeres Programm", glaubt der Fachmann.
Profitieren sollen vom angebotenen Perspektivenwechsel und dem tröstenden Moment neben den normalen Besuchern und Schulklassen auch jene, für die der Tod plötzlich im Raum steht: Menschen, die gerade jemanden verloren haben oder Krankenpflegerschüler, die früher oder später in ihrem Beruf damit zu tun haben werden.
Angst, dass er ob der Omnipräsenz des Todes in seinem Leben irgendwann einmal trübsinnig wird, hat Keller aber nicht: "Das ist ja eigentlich ein sehr vitales Thema. Es kommt nur auf die Perspektive an. Und wer sich vor dem Tod fürchtet, hat das Leben verloren".