"Sorry" (2010): Guillaume Bijl tut es leid. Was eigentlich? Dieser arme Bison?
"Sorry" (2010): Guillaume Bijl tut es leid. Was eigentlich? Dieser arme Bison?

(cai) Aha, ein Realist. Der Guillaume Bijl tut doch tatsächlich so, als wäre die Kunst real. Tschuldigung: Er verwirklicht die Kunst als ein Stück Realität. Oder realisiert er die Wirklichkeit als Kunstwerk?

Seine Installation mit einem Pferdl, das komplett in Wellpappe eingewickelt ist, und einer Schaufensterpuppe ginge jedenfalls locker als das Werk eines Schaufensterdekorateurs durch. Aber natürlich auch als surrealer Witz: Treffen sich ein Pferd, das sich für ein Opus des Verpackungskünstlers Christo hält, und eine Schaufensterpuppe in einer Bar. Nein, in einer Installation. (Äh, in was für einem Stall?) Oder ist das ein Rätsel und die Lösung ist, hm, Jean Paul Gaultier? (Gaul-Tier. Klingt doch echt wie "Pferdeviech".) Falsch! Prada ist die Antwort! Man braucht ja bloß die Buchstaben vom holländischen Wort für Pferd ein bissl zu vertauschen. "Paard", das steht sicher nicht zufällig an der Wand. (He, was ist das lustigste Parfum? Chanel! Weil das ist ein Anagramm. Chanel - Lachen.)

- © Yantra - Fotolia
© Yantra - Fotolia

Und das Mistschauferl unter einem Bisonschädel ist so komisch, als wäre es mit "Lachen Nummer fünf" parfümiert. Ach, eigentlich ist es traurig. Weil nur ein ausgestopfter Bison ist ein stubenreiner Bison. Okay, beeindruckender wäre es, hätte Bijl die Galerie als chemische Reinigung verkleidet. Immerhin hat er einmal ein Reisebüro gefälscht. Oder alle mit dem Sterbezimmer eines frei erfundenen Komponisten reingelegt. Er ist eben ein brachialerer Illusionskünstler als die Maler mit ihren Haarpinseln, die uns weismachen wollen, man könne ihre Fliegen verjagen. (Bei ihm ist alles leibhaftig.) Ja, das Erotikmuseum im Kammerl hinten ist eh . . . nett. Sexspielzeug in Vitrinen. Ganz feuchte Fantasien hab ich gekriegt. (Ich hätte nämlich am liebsten auf der Stelle die dort herumstehenden - Topfpflanzen gegossen.)

Galerie Hubert Winter
(Breite Gasse 17)
Guillaume Bijl, bis 4. Mai
Di. - Fr.: 11 - 18 Uhr
Sa.: 11 - 14 Uhr

Keiner stirbt mehr zu Tode, kapiert?

(cai) Da fragt man sich, ob das noch Malerei ist oder bereits Sex mit der Leinwand. Diese Bilder sind zumindest verdammt sexy. Doch während Kim Basinger und Mickey Mouse erst nach neuneinhalb Wochen miteinander fertig waren, braucht Bianca Regl neuneinhalb Striche. Gut, ein paar mehr gönnt sie sich und uns schon. (Ähm, Kim Basinger und Mickey Mouse waren das Traumpaar der Achtziger? Das ist ja kein Freudscher Lapsus mehr, das ist schon ein Freudscher Lapdance!)

Regls unverwechselbarer skizzenhafter Stil verzichtet auf überflüssige Details. Gehört es nicht eh zum Wesen der Erotik, nicht alles herzuzeigen? Und an den genau richtigen Stellen verdichtet sich diese fulminante offene Malweise zu einem unglaublich intensiven Realismus. Da hat jemand sichtlich Lust am Malen und geniert sich auch nicht für die kitschige Schönheit. Badende lösen sich im flirrenden Gewässer auf, und wenn auf dem polierten Stahl des Palettenmessers die Reflexe der gespachtelten Farbe eine wilde Orgie feiern (quasi die abstrakte Version vom Liebesspiel im Spiegel über dem Bett), ist das praktisch Pornografie. Müsste diese radikale Oberflächlichkeit nicht bestraft werden? Na ja, im richtigen Leben hab ich doch auch kein Problem mit dem Meister Proper oder mit Lipgloss. Aber sollte ich als Nichtraucherin der Künstlerin nicht wenigstens ein Sternderl abziehen, weil hier volle Lippen genüsslich Zigarettenrauch ausatmen? Ja. Vermutlich. Ich tu’s aber nicht. Wahrscheinlich ist in dieser bildschönen Welt sowieso nicht einmal das Sterben tödlich.

Galerie Gerersdorfer
(Währinger Straße 12)
Bianca Regl
Bis 21. April
Do., Fr., Sa.: 11 - 20 Uhr